5. August 2025Lesedauer 3 Minuten

Gesamtzusage unter Vorbehalt – Kostenrisiken durch Ausspruch und Umsetzung

Mit Urteil vom 29. April 2025 (Az. 9 AZR 39/24) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass eine Gesamtzusage wirksam unter dem Vorbehalt erfolgen kann, dass keine betrieblichen Belange entgegenstehen. Der Vorbehalt greift aber nur, wenn die betrieblichen Belange bereits zum Zeitpunkt der Zusage konkret erkennbar sind. Besteht ein wirksamer Vorbehalt, muss dieser zur Vermeidung von Gleichbehandlungsansprüchen zudem konsequent angewandt werden.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war als Fluglotsin bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag zur Übergangsversorgung für Fluglotsen Anwendung. Dieser gewährt bei Eintritt in den Ruhestand ab dem 52. Lebensjahr ein monatliches Übergangsgeld. Bei einem Ausscheiden vor Vollendung des 55. Lebensjahres wird dieses nur gekürzt gewährt.

Die Klägerin kündigte bereits vor dem Jahr 2021 ihren vorzeitigen Ruhestand ab dem 1. Januar 2023, mithin vor Vollendung des 55. Lebensjahres, an.

Zum 1.1.2021 trat ein neuer Tarifvertrag mit Personalabbauregelungen in Kraft. Dieser sah ein abschlagsfreies Übergangsgeld bereits ab dem 52. Lebensjahr vor. Die Arbeitgeberin stellte hierzu per E-Mail klar, dass in Einzelfällen auch Arbeitnehmer, die vor dem Inkrafttreten des neuen Tarifvertrags ihren Ruhestand angezeigt haben, ein abschlagsfreies Übergangsgeld erhalten, sofern keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.

In der Folge erhielten einige Fluglotsen derselben Altersgruppe wie die Klägerin ein ungekürztes Übergangsgeld – nicht aber die Klägerin. Die Klägerin klagte auf Erhalt des ungekürzten Übergangsgeldes. Während das Arbeitsgericht die Klage abwies, nahm das Landesarbeitsgericht (LAG) einen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz an.

 

Entscheidung

Das BAG wertete die E-Mail der Beklagten als Gesamtzusage. Die Arbeitgeberin habe hiermit gegenüber bestimmten Arbeitnehmergruppen angekündigt, Zusatzleistungen zu gewähren. Eine solche Zusage könne grundsätzlich unter dem Vorbehalt stehen, dass keine betrieblichen Belange entgegenstünden. Das LAG habe jedoch keine Feststellung getroffen, ob dies vorliegend der Fall sei.

Erst wenn feststehe, dass die Klägerin keinen Anspruch auf ungekürztes Übergangsgeld aus der Gesamtzusage hat, stelle sich die Frage, ob sich ein solcher Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ableiten lässt. Ein solcher kann nur angenommen werden, wenn die Gesamtzusage auf Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Lage ohne sachliche Gründe unterschiedlich angewandt worden ist und die Klägerin dadurch schlechter gestellt wurde. Mangels entsprechender Feststellungen des LAG war die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und Entscheidung an das LAG zurückzuverweisen.

 

Praxishinweis

Arbeitgeber sollten vor Veröffentlichung von Mitteilungen mit Leistungsversprechen gegenüber der Belegschaft den Inhalt der Aussage sorgfältig prüfen (lassen)! Rechtlich sind solche Erklärungen des Arbeitgebers häufig verbindliche Gesamtzusagen. Ihr Inhalt, einschließlich der Wirksamkeit eines eventuellen Anwendungsvorbehalts, ist daher durch eine objektive Auslegung wie bei allgemeinen Geschäftsbedingungen zu bestimmen. Unklarheiten gehen somit zu Lasten des Arbeitgebers. Um zu vermeiden, dass Arbeitnehmern trotz einem Vorbehalt weitreichendere Ansprüche als beabsichtigt zugesprochen werden, sollten bei Formulierung der Gesamtzusage nicht nur die Voraussetzungen der zugesagten Leistungen und des Vorbehalts klar benannt werden, sondern auch die zugrunde liegenden Beweggründe.

Wurde eine Gesamtzusage erteilt, ist dann darauf zu achten, dass diese für alle gleich angewandt wird. Gewährt der Arbeitgeber nämlich einzelnen Arbeitnehmern entgegen den in der Gesamtzusage selbst aufgestellten Regeln günstigere Leistungen, besteht die Gefahr, dass Arbeitnehmer Gleichbehandlung verlangen können. Der Arbeitgeber kann hiernach zu Leistungen verpflichtet sein, die ursprünglich weder in dieser Form noch in diesem Umfang beabsichtigt waren.