
27. Oktober 2020 • Gelesene 3 Minuten
Haftung von Leitungspersonen bei Compliance-Verstößen
Hintergrund
Compliance-Verstöße von Mitarbeitern, insbesondere von Managern und sonstigen leitenden Angestellten können zum einen erhebliche Konsequenzen für die Handelnden selbst haben, etwa in Form von Bußgeldern bzw. gegebenenfalls auch strafrechtlichen Sanktionen. Daneben drohen zum anderen Folgen für das Unternehmen, wie z.B. Blacklisting im Kontext von Ausschreibungen, Reputationsschäden und ebenfalls behördliche Bußgelder. Letztere können insbesondere im kartellrechtlichen Zusammenhang empfindlich sein und bis zu 10% des weltweiten Jahresgesamtumsatzes der Unternehmensgruppe ausmachen. Im Falle einer Unternehmensgeldbuße stellt sich dann regelmäßig die Frage nach den Regressmöglichkeiten gegen die verantwortlichen Leitungspersonen.
Worum geht es?
Die Frage, ob gegen Unternehmen gerichtete Bußgelder auf dem Zivilrechtsweg als Schadensersatzanspruch von Leitungspersonen zurückgefordert werden können, ist in Deutschland bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Zuletzt wurde eine vollumfängliche persönliche Haftung eines Beteiligten durch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass andernfalls die Funktion der Unternehmensgeldbuße, den durch einen Kartellverstoß erzielten Vermögensvorteil bei dem Unternehmen abzuschöpfen, unterlaufen würde (LAG Düsseldorf, 20.01.2015 - 16 Sa 459/14). Da das Urteil zwischenzeitlich wegen fehlender Rechtswegzuständigkeit aufgehoben wurde, ist unklar, ob die materielle Bewertung des Gerichts Bestand haben wird. Klar ist nach derzeitigem Stand, dass D&O-Versicherungen regelmäßig keine Schäden aufgrund von Bußgeldern für Kartellverstöße regulieren. Ferner ist auch die sog. Business Judgement Rule, ein gesetzlich verankertes Haftungsprivileg zugunsten von Leitungspersonen für Fälle, in denen sich bestimmte, mit unternehmerisch vertretbaren Entscheidungen verbundene Risiken verwirklicht haben, typischerweise nicht auf Gesetzesverstöße anwendbar. Selbst wenn z.B. die Beteiligung an einem Kartell für das Unternehmen finanziell vorteilhaft sein sollte, ist ein solches Verhalten von dieser Privilegierung daher regelmäßig nicht gedeckt und bleibt haftungsrechtlich relevant. Umgekehrt dürfte die Business Judgement Rule aber bewirken, dass Unternehmen verpflichtet sind, mögliche Regressforderungen gegen frühere oder aktuelle Angestellte konsequent durchzusetzen.
Die Aktualität des Themas zeigt eine Entscheidung aus den Niederlanden aus September 2020 (Rechtbank Noord-Nederland, 23.09.2020 - HA ZA 19-118). In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein Unternehmen infolge einer Kartellgeldbuße der Europäischen Kommission in Höhe von 27 Mio. Euro Insolvenz angemeldet. Die Insolvenzgläubiger forderten daraufhin auf dem Klageweg von der früheren Geschäftsführung Regress in gleicher Höhe. Während mit verschiedenen Verantwortlichen Vergleiche geschlossen werden konnten, wurde einer der Manager aufgrund seiner Leitungsposition „während einer erheblichen Dauer des Kartells“ zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 13 Mio. Euro verurteilt.
Was ist zu tun?
Um potenzielle, u.U. existenzvernichtende Haftungsrisiken durch hohe Geldbußen und/oder Schadensersatzforderungen weitestgehend reduzieren zu können, ist ein umfassendes Compliance-Management unerlässlich. Durch effektive Compliance-Programme können Risiken für ein Organisationsverschulden des Managements reduziert oder ausgeschlossen werden. Konsequent implementiert führen diese dazu, dass Kartellrechtsverstöße - primär - möglichst verhindert werden und - sekundär - dem Management jedenfalls nicht persönlich zurechenbar sind, da Anknüpfungspunkte für eine Haftung von vornherein entfallen. DLA Piper verfügt in diesem Bereich über eine umfangreiche und langjährige Expertise und unterstützt Sie umfassend bei der Analyse möglicher Haftungsrisiken sowie der Implementierung effektiver Compliance-Systeme. Für etwaige Rückfragen stehen wir jederzeit zur Verfügung.