Zum Einstieg Lesezeichen hinzufügen

Abstract_Architecture_P_1071
20. November 2023Lesedauer 8 Minuten

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) und Compliance-Pflichten in Deutschland

Die Verordnung 2023/956 der Europäischen Union, mit der das CO- Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, im Folgenden CBAM) eingeführt wurde, trat am 17. Mai 2023 in Kraft. Dieses neue EU-Gesetz zielt darauf ab, Carbon Leakage zu verhindern. Unternehmen, die in CO- intensiven Industrien tätig sind, sollen davon abgehalten werden, ihre Aktivitäten in Länder außerhalb der EU zu verlagern, in denen weniger strenge Klimaschutzvorgaben gelten.

Die Verordnung soll zudem einen fairen Preis für den COAusstoß bei der Herstellung von CO- intensiven Gütern, die aus Drittländern in die EU importiert werden, festlegen und die energieeffiziente Produktion in Nicht-EU-Ländern fördern.

Die Anforderungen werden schrittweise eingeführt. Für die betroffenen Unternehmen geht es zunächst unmittelbar um die Berichterstattung über Importe im vierten Quartal 2023 - wobei der erste Bericht über Menge und Emissionen dieser Güter im Januar 2024 erfolgen muss.

Weitere Anforderungen werden erst ab 2026 gelten - einschließlich der Notwendigkeit, einen Antrag auf Zulassung als CBAM-Melder zu stellen und CBAM-Zertifikate zu erwerben. Ab dem 1. Januar 2026 dürfen nur noch zugelassene CBAM-Anmelder die in Anhang I der Verordnung aufgeführten Waren einführen und müssen sogenannte CBAM-Zertifikate für die in den eingeführten Waren enthaltenen Tonnen CO- Äquivalente erwerben. Der Preis für die CO- Zertifikate wird sich an dem CO- Preis orientieren, den produzierende Unternehmen in der EU im Rahmen des Emissionshandels zahlen (wöchentlicher Durchschnitt der Zertifikatspreise im European Union Emissions Trading System - EU ETS).

Folgende Punkte sind dabei für die Unternehmenspraxis von besonderem Interesse:

  • Berichtspflichten während des Übergangszeitraums
    • Anwendbarkeit der Berichtspflicht
    • Abgabefristen des CBAM-Berichts
    • Inhalt des CBAM-Berichts
  • Nach der Übergangsphase: Beantragung des sog. zugelassenen CBAM-Anmelder” und Berichtspflichten

 

Berichtspflichten während des Übergangszeitraums

In einem Übergangszeitraum vom 1. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2025 findet die Verordnung nur mit beschränkten Verpflichtungen für die Einführer bzw. benannte indirekte Zollvertreter betroffener Waren Anwendung. Ab dem 1. Januar 2026 ist die Verordnung vollständig anzuwenden.

Einführer bzw. benannte indirekte Zollvertreter, die von der Verordnung (EU) 2023/956 betroffene Waren einführen, sind gemäß Art. 35 der Verordnung (EU) 2023/956 gegenüber der EU-Kommission berichtspflichtig. D.h. die betroffenen Einführer bzw. indirekten Zollvertreter müssen einen sogenannten CBAM-Bericht bei der EU-Kommission abgeben. Gegenüber der deutschen Zollverwaltung trifft die Einführer bzw. indirekten Zollvertreter in dem Übergangszeitraum keine Berichtspflicht.

Anwendbarkeit der Berichtspflicht

Der genaue Warenkreis, der von der Verordnung (EU) 2023/956 umfasst ist, ergibt sich aus Anhang I der Verordnung und wird anhand des KN-Codes bestimmt. CBAM gilt für Treibhausgasemissionen, die während des Produktionsprozesses der erfassten Waren entstehen. CO2 ist das wichtigste erfasste Treibhausgas, aber auch Distickstoffoxid und perfluorierte Kohlenwasserstoffe aus einigen Prozessen sind eingeschlossen.

Erfasste Waren sind u.a.:

  • Aluminium, Zement, Strom, Düngemittel, Eisen und Stahl und
  • Vorprodukte und einige nachgelagerte Produkte aus Eisen, Stahl und Aluminium (z.B. Rohre, Konstruktionen, Sammelbehälter, Fässer, Schrauben) sowie
  • Wasserstoff und Ammoniak.

Waren aus aktiven Veredelungsprozessen können ebenfalls der CBAM-Verordnung unterliegen. Entscheidend dafür, ob eine Ware unter CBAM fällt, ist die beim Import verwendete Warennummer/Zolltarifnummer. Falls diese in Anhang I der CBAM-Verordnung genannt ist, fällt die Ware unter die Regelung. Bis 2030 soll CBAM alle Sektoren umfassen, die auch unter den Emissionshandel der EU fallen.

Nachfolgende Einfuhren sind u.a. von der CBAM-Berichtspflicht ausgenommen:

  • Einfuhren aus den EFTA-Ländern (Island, Norwegen, Liechtenstein und der Schweiz) und diversen Gebieten (z.B. Helgoland), s. Anhang III,
  • Waren nach Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956, deren Gesamtwert je Sendung EUR150 nicht übersteigt,
  • Waren im persönlichen Gepäck bei Einhaltung der Wert-Grenze von EUR150.

Abgabefrist des CBAM-Berichts

Der CBAM-Bericht ist der EU-Kommission für die während eines Quartals eingeführten Waren nach Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 spätestens einen Monat nach Quartalsende zu übermitteln. Der CBAM-Bericht ist erstmalig für das vierte Quartal 2023 abzugeben.

Sodann ist die Abgabefrist für den CBAM-Bericht während der Übergangsphase jeweils ein Monat nach Quartalsende.

Der CBAM-Bericht ist über das vorläufige CBAM-Register abzugeben. Zugang zu dem vorläufigen CBAM-Register wird von der national zuständigen Behörde gewährt. Für Deutschland steht diese derzeit noch nicht fest.

Inhalt des CBAM-Berichts

Die für den CBAM-Bericht erforderlichen Angaben ergeben sich insbesondere aus Art. 34 und 35 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2023/956:

  • Gesamtmenge jeder Warenart in Megawattstunden bei Strom und in Tonnen bei anderen Waren, aufgeschlüsselt nach den Anlagen, die die Waren im Ursprungsland herstellen;
  • tatsächliche gesamte graue Emissionen in Tonnen CO2 - Emissionen pro Megawattstunde Strom oder, bei anderen Waren, in Tonnen CO2 - Emissionen pro Tonne jeder Warenart, berechnet nach dem in Anhang IV beschriebenen Verfahren;
  • gesamte indirekte Emissionen, berechnet gemäß dem in Abs. 7 genannten Durchführungsrechtsakt;
  • CO2 - Preis, der in einem Ursprungsland für die mit den eingeführten Waren verbundenen grauen Emissionen entrichtet werden muss, wobei jede verfügbare Ausfuhrerstattung oder andere Form von Ausgleich zu berücksichtigen ist.

 

Nach der Übergangsphase - ab 1. Januar 2026

Anmelder als sog. zugelassener CBAM-Anmelder

Die Verordnung (EU) 2023/956 findet ab 1. Januar 2026 vollständig Anwendung. Ab diesem Zeitpunkt können von CBAM betroffene Waren nur noch in den zollrechtlich freien Verkehr überlassen werden, wenn der Anmelder ein sog. zugelassener CBAM-Anmelder” ist. Hierzu ist dann eine sogenannte CBAM-Kontonummer (vgl. Art. 16 der Verordnung (EU) 2023/956) in der Zollanmeldung anzugeben. Die EU-Kommission plant, hierfür eine entsprechende Unterlagencodierung zu schaffen, die dann in der Zollanmeldung zur Überführung zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr anzugeben ist.

Andere Zollverfahren als die Überführung zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr sind von der Verordnung (EU) 2023/956 im Hinblick auf die Zollanmeldung nicht betroffen.

Beantragung einer Zulassung als CBAM-Anmelder

Die Regelungen zur Beantragung einer Zulassung als CBAM-Anmelder gemäß Art. 5 und 17 der Verordnung (EU) 2023/956 gelten erst ab dem 31. Dezember 2024 (Art. 36 Abs. 2 Buchstabe a) der Verordnung (EU) 2023/956). Jeder in einem Mitgliedstaat niedergelassene Einführer beantragt vor der Einfuhr von Waren in das Zollgebiet der Union den Status eines zugelassenen CBAM-Anmelders. Der Antrag auf Zulassung wird über das gemäß Artikel 14 von der Europäischen Kommission eingerichtete CBAM-Register eingereicht.

CBAM-Erklärung als zugelassener CBAM-Anmelder

CBAM-Anmelder müssen ihre jährliche CBAM-Erklärung für das Vorjahr bis zum 31. Mai für das Vorjahr über das CBAM-Register abgeben. Der erste Bericht – für das Jahr 2026 – ist somit zum 31. Mai 2027 einzureichen.

Die Erklärung muss folgende Informationen enthalten:

  • Gesamtmenge der Einfuhren,
  • Gesamtmenge der Emissionen in Tonnen CO2 - Emissionen pro Tonne Warenart,
  • Gesamtzahl der entsprechenden CBAM-Zertifikate,
  • Prüfberichte akkreditierter Prüfer, die die Angaben zu den Emissionen überprüfen.

 

Key Takeaways

Nachdem der CBAM-Bericht erstmalig für das vierte Quartal 2023 abzugeben und spätestens einen Monat nach Quartalsende zu übermitteln ist, d.h. spätestens zum 31. Januar 2024, ist es notwendig, dass sich die betroffenen Unternehmen spätestens jetzt mit CBAM auseinandersetzen und entsprechende Compliance-Mechanismen einrichten, um den CBAM-Berichtspflichten nachzukommen.

Neben dem möglichen Erwerb von CBAM-Zertifikaten nach Ende der Übergangsphase sollten Unternehmen die Emissionen, die während der Produktion für die importierten Waren entstehen bereits jetzt berechnen und dokumentieren. Auch ist es notwendig, die Hersteller der jeweiligen Waren zu identifizieren und auch von diesen Informationen bezüglich der jeweiligen Emissionen anzufordern. Hier ist es insbesondere sinnvoll sich dazu auszutauschen, ob nicht im Herkunftsland bereits CO- Abgaben geleistet werden.

Bei Verstößen gegen CBAM-Berichtspflichten können Sanktionen wie beim Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten verhängt werden.

Für weitere Fragen in diesem Kontext steht Ihnen das Steuerrechtsteam von DLA Piper gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail.