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18. März 2025Lesedauer 5 Minuten

Anleger-Einfluss auf Investmententscheidungen von KVGen – BaFin konsultiert neues Merkblatt zu den Grenzen der Zulässigkeit

Seit dem 14. März 2025 konsultiert die BaFin den Entwurf eines neuen Merkblatts zum Umfang der aufsichtsrechtlich zulässigen Einflussnahme von Anlegern in Investmentvermögen.

Mit diesem Merkblatt möchte die BaFin die Grenze zwischen einer aufsichtsrechtlich zulässigen und einer unzulässigen Einflussnahme von Anlegern auf die Anlageentscheidungen von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) für Rechnung des Investmentvermögens klarer abgrenzen. Im Ergebnis würden diese Vorgaben vor allem für Master-KVGen, aber auch andere KVGen im Spezialfondsbereich zu strengeren Vorgaben und administrativem Mehraufwand führen.

Dabei erläutert die BaFin nicht nur die aus der Praxis bekannten typischen Konstellationen, sondern plant auch die Einführung einer umfassenden Dokumentationspflicht, die sowohl die KVG und etwaige Asset Manager als auch regulierte Anleger (v.a. beaufsichtigte Banken und Versicherer) betreffen würde. Diese zusätzlichen Dokumentationspflichten müssten sich dann auch in den Verträgen zur Auslagerung des Portfoliomanagements mit externen Asset Managern wiederfinden.

 

Im Einzelnen

Ausgangspunkt des Entwurfs ist die Betonung, dass die Portfolioverwaltung nach den Vorgaben des KAGB zu den Kernaufgaben einer KVG bei der Verwaltung von Investmentvermögen gehört. Entsprechend müsse die KVG diese Aufgabe selbst oder durch einen entsprechend beauftragten Portfolioverwalter wahrnehmen. Eine Portfolioverwaltung durch die Anleger, die insbesondere bei einer „zu bedeutsamen“ Einflussnahme der Anleger auf Anlageentscheidungen für Rechnung des Investmentvermögens vorliegen könne, stehe dem Grundsatz der Fremdverwaltung eines Investmentvermögens entgegen. Die Letztentscheidung über die Auswahl der Vermögensgegenstände, die für ein Investmentvermögen angeschafft oder veräußert werden, müsse daher immer durch die KVG bzw. den beauftragten Asset Manager erfolgen.

Die BaFin stützt ihre Verwaltungspraxis somit ausdrücklich auf § 17 KAGB und trifft konsequenterweise keine Aussagen zu der steuerrechtlichen Auslegung der Eigenverwaltung. Hinsichtlich der steuerlichen Konsequenzen einer Einflussnahme sind die Finanzbehörden nicht an die Verwaltungspraxis der BaFin gebunden.

Im Entwurf des Merkblatts geht die BaFin auf bekannte Konstellationen ein, die als nicht abschließende Beispiele die aufsichtsrechtliche Einordnung erleichtern sollen. Diese umfassen

  • Weisungen von Anlegern in Bezug auf Einzeltitel, welche als aufsichtsrechtlich unzulässig eingestuft sind
  • Vetorechte und Zustimmungsvorbehalte von Anlegern in Bezug auf Einzeltitel, welche ebenfalls als unzulässig einzustufen sind
  • Vetorechte und Zustimmungsvorbehalte von Anlegern in Anlageausschüssen, die sich auf die abstrakte Festlegung der Anlagestrategie im Rahmen der vertraglich vereinbarten Anlagerichtlinien beziehen (Investition in bestimmte Regionen, Branchen etc.), sind hingegen zulässig, weil sich die Einflussnahme der Anleger hier auf grundsätzliche und strategische Fragen beschränkt und die Letztentscheidung über die konkreten
  • Anlageentscheidungen bei der KVG bzw. dem Asset Manager verbleibt.
  • Unverbindliche „Investmentideen“ oder „Empfehlungen“ sind nur dann zulässig, wenn sie keine indirekten Weisungen darstellen. Im Entwurf des Merkblatts werden Indizien aufgeführt, bei deren Vorliegen eine solche indirekte Weisung vorliegen kann (z.B. 1:1-Übernahme von Anlegerempfehlungen ohne eigene Recherche oder materielle Bewertung des Investments; Beschränkung auf rein formale Prüfung der Erwerbbarkeit oder Anlagegrenzen; stetige Initiative für Anschaffung oder Veräußerung von Vermögensgegenständen bei den Anlegern).

Die BaFin differenziert dabei nicht zwischen einem Zustimmungsvorbehalt einerseits (also einer ausdrücklichen und zwingenden Einbeziehung des Anlegers, ohne die keine Anlageentscheidung vorgenommen werden kann) und einem Vetorecht andererseits, welches die eigenständige Umsetzung der Anlagepolitik ermöglicht und dem Anleger lediglich im Einzelfall eine Möglichkeit eröffnen kann, den Erwerb eines von ihm als ungeeignet angesehenen Vermögensgegenstandes zu verhindern. Allerdings erlaubt die BaFin wiederum ein derartiges Vetorecht für Anlageausschüsse, soweit der oben skizzierte Rahmen nicht überschritten wird.

Höchst praxisrelevant sind aus unserer Sicht die Ausführungen zur Dokumentationspflicht der KVG, die sich aus der Pflicht zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation und zur Dokumentation der Geschäftsabläufe ableiten. Ab Veröffentlichung des finalen Merkblatts müssen KVGen „jede Form der Einflussnahme von Anlegern auf die Anlageentscheidungen für Rechnung von Investmentvermögen“ dokumentieren. Beauftragte Asset Manager sind zu dieser Dokumentation vertraglich zu verpflichten. Diese formale Anforderung könnte die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen großen Spezialfondsanlegern und deren KVGen/Asset Managern verändern.

Wichtig ist, dass diese Dokumentationspflicht unabhängig davon bestehen soll, ob eine Einflussnahme aufsichtsrechtlich zulässig ist oder nicht, d.h. dass z.B. auch zulässige Empfehlungen im Rahmen von Anlageausschüssen zu dokumentieren wären. Laut BaFin wären zukünftig auch Sitzungen der Anlageausschüsse immer zu protokollieren.

Da durch diese ausdrückliche Dokumentationspflicht insbesondere das Problembewusstsein aller Akteure erhöht werden soll, wird eine Mitwirkung von solchen Anlegern erwartet, die ihrerseits beaufsichtigte Unternehmen sind. Zukünftig sollen Anleger, die an Anlageausschuss-Sitzungen teilnehmen, Sitzungsprotokolle der KVG gegenzeichnen.

Es wird unseres Erachtens im Rahmen der Konsultation wichtig sein, die Dokumentationspflichten auf ihre Praxistauglichkeit zu untersuchen und übermäßige Formerfordernisse (etwa bei der Gegenzeichnung der Sitzungsprotokolle) zu vermeiden. Auch sind z.B. die Kriterien für eine indirekte Weisung kritisch zu hinterfragen. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass der gegenwärtige Rundschreiben-Entwurf auf qualitative Anforderungen an die KVG-eigene Entscheidungsfindung abstellt, anders als bei früheren nicht umgesetzten Regulierungsvorschlägen der BaFin, bei denen quantitative Aspekte im Vordergrund standen (z.B. die Erwägung, zwingende Ablehnungsquoten einzuführen). Allerdings sollte dies nicht zu einem zusätzlichen Dokumentationsaufwand bei der KVG oder deren Asset Manager führen.

Vor allem sollten betroffene KVGen etwaigen vertraglichen Anpassungsbedarf frühzeitig ermitteln, z.B. im Hinblick auf ihre Verträge zur Auslagerung des Portfoliomanagements, vertragliche Vereinbarungen mit Anlegern, Anlageausschussregelungen und Anlageberatungsverträge.

Gern unterstützen wir Sie bei allen Fragestellungen rund um Berücksichtigung von Anlegerwünschen bei der Portfolioverwaltung und freuen uns auf einen Austausch mit betroffenen und / oder interessierten Marktteilnehmern.

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