Ernstliche Zweifel an generellem Fotoverbot für BILD trotz zeitlicher Beschränkung
DLA Piper erfolgreich in verwaltungsgerichtlichem Eilverfahren gegen Hausrechtsausübung des Landgerichts KielDLA Piper hat die Axel Springer Deutschland GmbH, zu der auch BILD gehört, erfolgreich vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht gegen ein von der Präsidentin des Landgerichts Kiel angeordnetes vorübergehendes Verbot von Fotoaufnahmen im gesamten Gerichtsgebäude vertreten. Das Verwaltungsgericht gab einem Eilantrag der Axel Springer Deutschland GmbH statt und ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Untersagungsbescheid an, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Unterlassungsverfügung bestehen.
Die Präsidentin des Landgerichts Kiel hatte es der Axel Springer Deutschland GmbH und allen ihren angestellten und freien Mitarbeitenden für die Dauer von zwei Monaten untersagt, in den Räumen des Landgerichts Kiel Fotos zu fertigen und dieses Verbot auf das Hausrecht gestützt. Das Verbot wurde mit zwei vermeintlichen Verstößen gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen (aus dem Jahr 2022 und 2025) begründet, die Verpixelungsanordnungen für die Veröffentlichung von Bildern vorsahen.
Das Verwaltungsgericht entschied, dass der Rechtsbehelf der Axel Springer Deutschland GmbH in der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben wird. Dabei ließ das Gericht ausdrücklich die Frage offen, ob die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage gegeben sind. Denn es stellte auf Rechtsfolgenseite fest, dass die Unterlassungsverfügung wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ermessensfehlerhaft sei. Das Fotografieverbot war schon in der gewählten Form nicht erforderlich, weil selbst bei (unterstelltem) Vorliegen der Voraussetzungen der Rechtsgrundlage ein weniger grundrechtsbeeinträchtigendes Mittel in Form eines zeitlich und inhaltlich nur auf das betreffende Strafverfahren begrenztes Fotografieverbot zur Verfügung gestanden hätte. Zudem fiel ins Gewicht, dass der Bescheid keine Ermessenserwägungen zum zeitlichen Umfang der Maßnahme enthielt. Die Festlegung des Verbotszeitraums von zwei Monaten erschien dem Verwaltungsgericht daher aufgrund fehlender Begründung sowie wegen der bereits im Verbotszeitraum erfolgten Urteilsverkündung im zugrundeliegenden Strafverfahren „fast wahllos“ und vermittele einen „ermessensfehlerhaften, sanktionierenden Eindruck“.
„Die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts stärkt und unterstreicht die Bedeutung des Rechtsstaatsprinzips und der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG als überragende Schutzgüter“, sagt DLA Piper-Partner und Verwaltungsrechtsexperte Dr. Michael Stulz-Herrnstadt, der das Verfahren federführend betreute. „Denn der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht weniger als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips und grundlegendes Prinzip des Gesetzesvollzugs und als solche stets zu beachten.“
Das DLA Piper Team unter Federführung von Partner Dr. Michael Stulz-Herrnstadt (Öffentliches Recht- und Prozessführung/Medien) umfasste Partner Prof. Dr. Stefan Engels (Presse- und Äußerungsrecht), Senior Associate Dr. Rabea Kjellsson (Öffentliches Recht- und Prozessführung/Medien) und Associate Dr. Lukas Gerhardinger (Presse- und Äußerungsrecht; alle Hamburg).
Auf Seiten von Axel Springer Deutschland GmbH war Legal Counsel Felix Gatzmaga tätig.