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28. Dezember 2023Lesedauer 9 Minuten

Kreditzweitmarktgesetz bringt neue Pflichten für den NPL-Markt

Änderungen für das NPL-Geschäft – Inkasso von notleidenden Kreditforderungen wird weiter reguliert: Ab dem 1. Januar 2024 bestehen Anzeigepflichten für NPL-Verkäufe und Inkasso ist nur durch registrierte Kreditdienstleister erlaubt.

Zum Ende dieses Jahres wird das Kreditzweitmarktförderungsgesetz erlassen. Das Kreditzweitmarktgesetz (KrZwMG) bringt neue Pflichten für den NPL-Markt. Akuter Handlungsbedarf besteht insbesondere für Inkassounternehmen, die in diesem Markt tätig sind. Deren Tätigkeiten fallen nun teilweise unter das KrZwMG. Inkassodienstleister müssen ihre Absicht, diese Dienstleistungen auch nach Ablauf einer Übergangsfrist von 6 Monaten zu erbringen, bereits innerhalb von sieben Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes anzeigen (und zwar bereits einschließlich der Unterlagen zum Erlaubnisantrag). Die extrem knappen Fristen des Referentenentwurfs wurden somit etwas verlängert.

 

1. Hintergrund: Kreditzweitmarktrichtlinie und Aktionsplan für den Abbau notleidender Kredite in Europa

Das KrZwMG dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2021 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU (Kreditzweitmarktrichtlinie oder Credit Services Directive). Die Kreditzweitmarktrichtlinie ist bis zum 29. Dezember 2023 von den Mitgliedsstatten umzusetzen. Sie ist Teil des EU-Aktionsplans für den Abbau notleidender Kredite (non performing loans). Kreditinstitute sollen die Möglichkeit haben, notleidende Kredite auf effizienten, wettbewerbsfähigen und transparenten Sekundärmärkten an andere Akteure zu verkaufen.

 

2. Auf einen Blick

Wesentliche Ziele der Kreditzweitmarktrichtlinie sind die Harmonisierung von Anforderungen an die Zulassung von Kreditdienstleistern, die Schaffung eines einheitlichen Rahmens für Kreditkäufer und Kreditdienstleister und die Stärkung der Kreditnehmerrechte. Mit Umsetzung der Kreditzweitmarktrichtlinie besteht für zugelassene Kreditdienstleistungsinstitute auch die Möglichkeit, mit dem Europäischen Pass (sog. Passporting) grenzüberschreitend tätig zu werden.

Das die Richtlinie umsetzende KrZwMG regelt

  • neue Pflichten von Kreditinstituten als Verkäufer notleidender Kredite,
  • neue Pflichten für Käufer notleidender Kredite (u.a. die zwangsweise Einschaltung eines Kreditdienstleisters),
  • neue Anforderungen an die Erbringer von Kreditdienstleistungen für Käufer notleidender Kredite, insbesondere eine neue Erlaubnispflicht (Institutsstatus) einschließlich Anforderungen an deren Geschäftsorganisation,
  • die laufende Beaufsichtigung der Kreditdienstleistungsinstitute durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), sowie
  • Regelungen zum grenzüberschreitenden Geschäft, z.B. Zugang europäischer Anbieter.

Zum Zweck der Beaufsichtigung erhält die BaFin geeignete Aufsichtsbefugnisse. Durch das Gesetz wird ein Register der zugelassenen oder mit einem Europäischen Pass hier tätigen Kreditdienstleistungsinstitute ins Leben gerufen. Gravierende Verstöße gegen die Verpflichtungen aus dem Gesetz können mit Bußgeldern oder strafrechtlich geahndet werden.

Die Erlaubnispflicht gilt ab 2024. Für Inkassodienstleister gelten extrem kurze Übergangsfristen zur Stellung einer Erlaubnis.

 

3. Das KrZwMG im Detail
  1. Anwendungsbereich
  2. Das Gesetz gilt nur für Forderungen aus notleidenden Krediten, die nach dem 30. Dezember 2023 erstmalig übertragen werden.

    Der Anwendungsbereich des neuen KrZwMG beschränkt sich dabei auf die Regulierung des Sekundärmarktes für notleidende Kredite. Voraussetzung ist somit stets, dass ein Kreditkäufer einen notleidenden Kreditvertrag (non-performing loan) bzw. Ansprüche hieraus von einem Kreditinstitut erwirbt. Etwas vage bleibt jedoch die Situation hinsichtlich Kreditverträgen bzw. Ansprüchen hieraus, die bei Übertragung auf den Kreditkäufer noch nicht als notleidend eingestuft werden, sich beim Kreditkäufer dann aber schließlich zum NPL entwickeln. Der Gesetzeswortlaut ist nicht hinreichend klar, um eine weite Auslegung dahingehend, dass der Kreditkäufer aus Verbraucherschutzgesichtspunkten auch in dieser Situation einen Kreditdienstleister einschalten müsste, ausdrücklich auszuschließen. Was ein notleidender Kredit ist, richtet sich nach Artikel 47a CRR (VO (EU) 575/2013). Unter anderem gelten Kredite, die mehr als 90 Tage überfällig sind, in der Regel als notleidend.

    Nicht unter das KrZwMG fallen hingegen Tätigkeiten außerhalb des europäischen NPL-Sekundärmarktes:

    • Dienstleistungen, die für den originären Kreditgeber eines notleidenden Kredits erbracht werden,
    • der Verkauf von Kreditforderungen von Nicht-CRR-Instituten oder
    • der Verkauf von Krediten, die von einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Drittstaat gewährt wurden.

    Insoweit verbleibt es bei der aktuell gültigen Rechtslage. Wenn also ein Dienstleister notleidende Kredite in einer der vorgenannten Kategorien verwaltet, ist lediglich eine Registrierung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) erforderlich, wenn in Deutschland eine Inkassodienstleistung erbracht wird.

     

  3. Kreditverkäufer
  4. Das KrZwMG regelt ferner die Pflichten von Verkäufern notleidender Kredite. Kreditinstitute, die Kredite verkaufen, haben vor Verkauf eines notleidenden Kredits verschiedene Informations- und Mitteilungspflichten an den Käufer, u.a. damit der Käufer dessen Werthaltigkeit prüfen kann. Es handelt sich insbesondere Informationen zum Kreditvertrag und den Ansprüchen hieraus und zu bestellten Sicherheiten. Die Informationen sollen ausreichend sein, die Werthaltigkeit der Forderungen zu beurteilen. Das KrZwMG sieht vor, dass Konkretisierungen zu Art, Umfang und Form der Daten durch Rechtsverordnung noch konkretisiert werden können.

    Darüber hinaus wurden umfangreiche Meldepflichten an die Aufsicht eingeführt, die Verkäufer halbjährlich erfüllen müssen. Diese Meldepflichten treffen das veräußernde Kreditinstitut, aber auch einen Kreditkäufer, der einen notleidenden Kredit weiterverkauft.

     

  5. Kreditkäufer
  6. Kreditkäufer erwerben bestehende notleidende Kreditverträge auf eigenes Risiko. Der Erwerb einer solchen Kreditforderung ist im Gegensatz zu originären Kreditvergabe kein erlaubnispflichtiges Geschäft.

    Mit dem KrZwMG werden Kreditkäufer innerhalb der EU nunmehr aber zur Bestellung eines Kreditdienstleisters verpflichtet, wenn sie Kreditverträge erwerben, die mit Verbrauchern oder mit sogenannten KMU geschlossen wurden.

    Diese Pflicht gilt nicht für Kreditkäufer, die selbst Kreditdienstleister sind oder als solche tätig sein können. Das können Kreditinstitute bzw. in der EU regulierte Kreditgeber im Sinne der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (2014/17) oder der Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48) und (aus der Systematik des Gesetzes heraus) Verwaltungsgesellschaften im Sinne des KAGB sein. Auf europäischer Ebene wurden OGAW und AIF-Verwalter sogar vollständig aus der Kreditzweitmarktrichtlinie ausgenommen.

    Eine Ausnahme zur Pflicht zur Bestellung eines Kreditdienstleisters für andere regulierte Unternehmen wie z.B. Versicherungen oder Pensionskassen ist nicht vorgesehen.1

    Kreditkäufer aus Drittstaaten sind darüber hinaus dazu verpflichtet, einen Vertreter innerhalb der EU zu bestellen, um die Durchsetzung der Rechte der Kunden sowie der Aufsichtsbehörden zu gewährleisten und einen Reputationsschaden für den Veräußerer zu vermeiden. Der Vertreter ist neben dem Kreditkäufer für die Erfüllung der Pflichten verantwortlich, die dem Kreditkäufer aus diesem Gesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erwachsen.

    Kreditkäufer (oder im Falle eines Drittstaatenunternehmens, dessen Vertreter) sind weiterhin verpflichtet, der BaFin und der Deutschen Bundesbank Name und Anschrift des Kreditdienstleisters mitzuteilen.

    Bei der Weiterveräußerung eines Kredits haben sie dieselben laufenden Meldepflichten, wie ein veräußerndes Kreditinstitut (s.o.)

     

  7. Erlaubnispflicht nach KrZwMG, Verhältnis zum RDG
  8. Darüber hinaus führt das KrZwMG eine neue Erlaubnispflicht für Kreditdienstleistungen ein. Die Dienstleister werden zukünftig als Kreditdienstleistungsinstitute zu errichten sein.

    Der zentrale Begriff der Kreditdienstleistung erfasst vor allem

    • das Einziehen und die Durchsetzung fälliger Ansprüche des Kreditgebers aus dem Vertrag,
    • die Neuverhandlung von wesentlichen Vertragsbedingungen jedoch nur in den Grenzen des Zulässigen, d.h. nach Anweisung und nur soweit keine neue Kreditentscheidung im Sinne des KWG getroffen wird,
    • die Bearbeitung von Beschwerden im Zusammenhang mit dem Vertrag und
    • bestimmte Unterrichtungen des Kreditnehmers.

    Ziel der Regulierung dieser Tätigkeiten ist es unter anderem, ein hohes Schutzniveau für die Kreditnehmer, insbesondere Verbraucher, zu gewährleisten.

    Im Rahmen des Erlaubnisverfahrens werden unter anderem Anforderungen an die fachliche Eignung und persönliche Zuverlässigkeit von Leitungs- und Verwaltungsorganen sowie von Inhabern bedeutender Beteiligungen an Kreditdienstleistungsinstituten gestellt.

    Das Institut muss über solide Regelungen für die Unternehmensführung und angemessene Verfahren der internen Kontrolle verfügen, einschließlich eines Risikomanagement- und Rechnungslegungsverfahrens und Wohlverhaltens- und Beschwerdemanagementvorgaben. Auf europäischer Ebene wird es weitere Konkretisierungen durch die EBA geben.

    Kreditdienstleistungsinstitute dürfen Mittel von Kreditnehmern entgegennehmen und halten. Hieran ist jedoch die Anforderung gekoppelt, zusätzliche Anforderungen in Bezug auf die Trennung von Konten und Mitteln einzuhalten, damit im Falle einer Insolvenz des Kreditdienstleistungsinstituts die vereinnahmten Vermögenswerte geschützt sind.

    Keiner Erlaubnis bedürfen

    • CRR-Kreditinstitute,
    • Zugelassene oder registrierte Verwaltungsgesellschaften nach dem KAGB und intern verwaltete Investmentfonds sin Gesellschaftsform sowie
    • Kreditgeber, die keine Kreditinstitute sind, aber der Beaufsichtigung nach der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge (sog. Verbraucherkreditrichtlinie) oder der Richtlinie 2014/17/EU über Wohnimmobilienkreditverträge (sog. Wohnimmobilienkreditrichtlinie) für Verbraucher unterliegen, und für die Kreditdienstleistungen für Verbraucherkredite zu ihrer normalen Geschäftstätigkeit gehören.

     

  9. Abgrenzung zur Inkassotätigkeit
  10. Bereits nach der aktuell geltenden Rechtslage stellen Tätigkeiten, die künftig als Kreditdienstleistungen dem KrZwMG unterliegen werden, Inkassodienstleistungen im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) dar, zu deren Durchführung es einer entsprechenden Registrierung bedarf.

    Ab Inkrafttreten des neuen KrZwMG muss für den Bereich von Kreditdienstleistungen jedoch die spezielle Erlaubnis nach KrZwMG mit weitreichenderen Anforderungen beantragt werden. Die Registrierung nach RDG ist insoweit nicht mehr ausreichend.

    Für Unternehmen, die bereits bei Inkrafttreten des KrZwMG als Inkassodienstleister nach RDG tätig sind, ist jedoch eine Übergangsregelung von sechs Monaten vorgesehen. Innerhalb dieses Zeitraums können sie die Tätigkeiten nach derzeitigem Recht (das heißt auf Basis ihrer RDG-Registrierung) weiter ausüben.

    Es besteht aber akuter Handlungsbedarf:

    • die Absicht, auch nach der 6-monatigen Übergangsfrist Dienstleistungen erbringen zu wollen, die unter das neue Gesetz fallen, muss der BaFin bereits innerhalb von sieben Wochen nach Inkrafttreten angezeigt werden.
    • Spätestens sieben Wochen nach Inkrafttreten (und einer Frist von weiteren 4 Wochen nach Kontaktaufnahme durch die BaFin bei fehlender Anzeige oder unvollständiger Antragstellung) muss der Erlaubnisantrag gestellt und die erforderlichen Unterlagen eingereicht werden.

 

4. Einführung und Gesetzgebungsverfahren, aktueller Stand

Das KrZwMG wurde am 14. Dezember 2023 vom Bundestag beschlossen. Der Bundesrat erteilte seine Zustimmung am 15. Dezember 2023. Es folgt nun die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten sowie die Verkündung im Bundesgesetzblatt, ehe das KrZwMG am Tag nach der Verkündung in Kraft tritt.


1Allerdings dürfen diese in der Regel auch keine notleidenden Kreditforderungen erwerben. Das Gesetz sollte von Sinn und Zweck her nicht vorsehen, dass die enthaltenen Pflichten auch dann anwendbar wären, wenn ein bereits veräußerter Kredit nachträglich notleidend wird. Die Regelung ist aber weniger deutlich als wünschenswert.