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4. August 2025Lesedauer 3 Minuten

Kommunale Beteiligungen an Rechenzentren auf dem Prüfstand beim Verwaltungsgericht Frankfurt

Worum geht es?

VG Frankfurt entscheidet zur kommunalen Beteiligung an Rechenzentren

Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 28. Mai 2025 (Az. 7 K 3996/23.F) entschieden, dass die mittelbare Beteiligung der Stadt Frankfurt am Main über die Mainova AG am Rechenzentrumsbetreiber Mainova WebHouse GmbH rechtswidrig ist, soweit diese auf den Betrieb von Rechenzentren gerichtet ist.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Berufung wurde am 8. Juli 2025 eingelegt.

 

Wer klagte und was entschied das Gericht?

Ein privater Anbieter stellte die Beteiligung der Stadt Frankfurt an einem Rechenzentrum in Frage

Die Klägerin, ein privatwirtschaftlicher Betreiber von Rechenzentren im Frankfurter Stadtgebiet, erhob eine Feststellungsklage gegen die wirtschaftliche Betätigung der Stadt in Form einer mittelbaren Beteiligung an der Mainova WebHouse GmbH.

Die Mainova WebHouse war ursprünglich zu 100 % Tochter der Mainova AG und ist seit Juni 2024 mehrheitlich im Besitz eines internationalen Investmentfonds. Sie errichtet und betreibt u.a. den Rechenzentrumscampus “MHW01” in Frankfurt-Seckbach. Das Projekt ist bereits langfristig an einen internationalen Cloudanbieter vermietet.

Die Klägerin rügte in ihrer Klage einen Verstoß gegen das kommunalrechtliche Wirtschaftlichkeits- und Subsidiaritätsprinzip nach der Hessischen Gemeinschaftsordnung (HGO). Hiernach dürfen Kommunen sich nur dann wirtschaftlich betätigen, wenn ein öffentlicher Zweck dies rechtfertigt, die Tätigkeit im Verhältnis zu Bedarf und Leistungsfähigkeit steht und wenn private Anbieter die Aufgabe nicht ebenso gut und wirtschaftlich erfüllen können.

Die Kammer stellte nunmehr mit ihrem Urteil, wie von der Klägerin beantragt, einen Verstoß gegen die sogenannte qualifizierte Subsidiaritätsklausel gemäß § 121 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGO i. V. m. § 122 Abs. 1 und 5 HGO fest.

 

Was bedeutet das Urteil für die Praxis?

Kommunen müssen Markt detailliert analysieren

Das Gericht sah das Subsidiaritätsprinzip verletzt: Die Stadt hätte nachweisen müssen, dass private Anbieter den Bedarf nicht decken können. In seiner Begründung führt das Gericht weiter aus, dass der Kommune bei der Einschätzung dieser Voraussetzung grundsätzlich ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zustehe. Dieser Spielraum beziehe sich auf die Prognoseentscheidung, ob in dem betreffenden Marktsegment eine Unterversorgung durch Private besteht. Das Gericht könne insoweit lediglich prüfen, ob die Gemeinde den Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und keine sachfremden Erwägungen angestellt wurden.

Im konkreten Fall stellte die Kammer jedoch einen Beurteilungsfehler fest. Die Stadt Frankfurt habe keine belastbare Markterkundung oder objektive Bedarfsanalyse vorgelegt, die den Eintritt in den Rechenzentrumsmarkt rechtfertigen könne. Gerade in einem Bereich, der stark privatwirtschaftlich geprägt ist und von international tätigen Anbietern dominiert wird, sei eine sorgfältige und dokumentierte Bedarfsfeststellung zwingend erforderlich.

Kommunen dürfen sich also nur unter engen Voraussetzungen wirtschaftlich betätigen. Besonders bei technologie- und investitionsintensiven Geschäftsmodellen - wie etwa vorliegend dem Betrieb von Rechenzentren - ist eine detaillierte Prüfung des Marktzugangs durch kommunal gehaltene Unternehmen unerlässlich.

Auch Bestandsschutz greift nicht immer

Die Stadt konnte sich zudem nicht auf einen Bestandsschutz berufen. Zwar hatte die Mainova AG bereits früher Rechenzentrumsleistungen angeboten, doch handelte es sich nach Auffassung des Gerichts bei dem aktuellen Engagement - konkret dem Neubau des Rechenzentrums MHW01 - um eine wesentlicheAusweitung der bisherigen Tätigkeit. Eine solche Erweiterung sei rechtlich wie eine neue wirtschaftliche Betätigung zu behandeln, die den Vorgaben der §§ 121 ff. HGO unterliegt. Bestandsschutz greife nur bei fortgesetzter im Wesentlichen gleichbleibender Tätigkeit.

Urteil mit Signalwirkung für kommunale Beteiligungen bundesweit

Fazit: Insgesamt sah das Gericht die Schwelle zur unzulässigen wirtschaftlichen Betätigung überschritten, da weder die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 HGO im Hinblick auf Subsidiarität noch die Anforderungen an eine zulässige Erweiterung gemäß § 122 Abs. 1 und 5 HGO erfüllt waren.

Das Prinzip der Subsidiarität findet auch in den Gemeindeordnungen anderer Bundesländer wie beispielsweise Bayern und Thüringen Anwendung, woraus sich eine landesübergreifende Relevanz ergibt.

Das Urteil hat daher über den Einzelfall hinaus Relevanz für alle kommunalen Beteiligungen an privatwirtschaftlich organisierten Infrastrukturvorhaben. Mit einem rechtskräftigen Berufungsurteil ist jedoch erst in den kommenden Monaten zu rechnen.