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20 September 2023Lesedauer 9 Minuten

BaFin veröffentlicht Entwurf von FAQs zur Institutsvergütungsverordnung

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Neues zur Vergütung bei Finanzinstituten: Die BaFin hat am 21. Juni 2023 einen Entwurf von „Fragen und Antworten zur Institutsvergütungsverordnung“ veröffentlicht. Die viel diskutierten FAQ zur IVV dienen zunächst der Konsultation und sollen nach dem Willen der BaFin die bislang noch geltende Auslegungshilfe zur IVV aus Februar 2018 ersetzen. Klargestellt wird aber ausdrücklich, dass die BaFin durch die Einführung der FAQ die in der Auslegungshilfe aus 2018 beschriebene Verwaltungspraxis und die getroffenen Auslegungsentscheidungen nicht aufgibt, sofern in den FAQ nichts Abweichendes geregelt ist. Auslegungshilfe und FAQ bestehen damit künftig nebeneinander.

Wir bringen Sie auf den neusten Stand, bewerten die in den FAQ enthaltenen Änderungen und unterstützen bei einer rechtssicheren und praktischen Ausgestaltung Ihrer Vergütungssysteme. Die wichtigsten Neuerungen der FAQ haben wir nachstehend knapp zusammengefasst:

Abfindungen: Vor allem in Frage 10 der FAQ wird die Frage behandelt, was in Bezug auf Abfindungszahlungen im Rahmen der IVV zu beachten ist. Die BaFin stellt erneut klar, dass Abfindungszahlungen einerseits keine falschen Anreize für Mitarbeitende setzen sollen, andererseits die Entscheidung des Instituts darüber, ob mit dem Mitarbeitenden weiter zusammengearbeitet werden soll, nicht unrechtmäßig beeinträchtigen sollen. Der Zweck einer Abfindungszahlung, nämlich der Ausgleich von Nachteilen des Betroffenen aufgrund der vorzeitigen Beendigung seiner Anstellung dürfe demnach nicht aus den Augen verloren werden. Um zu beurteilen, ob eine Abfindungszahlung falsche Anreize setzt, sind neben dem Vereinbarungszeitpunkt auch der Auslöser und der Umfang der Abfindung maßgeblich:

  • Korrekt gewählt werden muss zunächst der Vereinbarungszeitpunkt, denn wenn die Zusage nicht im unmittelbaren zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit einer baldigen Vertragsauflösung steht, liegt das Risiko einer falschen Anreizwirkung auf der Hand.
  • Freiwillig ausscheidende Mitarbeitende sollen grundsätzlich nicht abfindungsberechtigt sein. Andernfalls besteht nach Ansicht der BaFin per se der Anschein der Unangemessenheit. Ausnahmen sind bei Change-of-Control-Klauseln in Geschäftsleiterverträgen zulässig.
  • Abfindungszahlungen sollen nach den FAQ immer dann angemessen sein, wenn sie die Fixvergütung abgelten, die für unbefristet beschäftigte Mitarbeitende bis zum Ablauf der geltenden Kündigungsfrist vertraglich geschuldet ist. Dies ist jedenfalls insoweit nicht neu, als bereits die Auslegungshilfe aus 2018 klarstellte, dass die Zahlung der vertraglich geschuldeten Vergütung während der Kündigungsfrist nicht als Abfindung anzusehen ist. Schließlich können nach den FAQ Abfindungen, die Ansprüche auf entgangene variable Vergütung für das laufende Bemessungsjahr kompensieren, als privilegierte Abfindung im Sinne von § 5 Abs. 6 Satz 5 IVV gelten.

ESG: Eine immer größere Rolle nimmt die von der Europäischen Union im Green Deal verankerte ESG-Politik ein – jetzt auch im Rahmen der Vergütungspolitik. Die BaFin erläutert, inwieweit ESG-Risiken im Rahmen der Vergütung zu berücksichtigen seien. Hierbei wird klargestellt, dass die ESG-Ziele im Rahmen von § 4 IVV zu beachten seien. Weitere Konkretisierungen hierzu müssen abgewartet werden. Ein mögliches Beispiel sei jedenfalls, so die BaFin, die Festlegung bestimmter Nachhaltigkeitsziele als Vergütungsparameter.

Bonuspool: Neue Anknüpfungspunkte finden sich auch für die Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung, vor allem zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt Institute die Kriterien des § 7 I zu prüfen haben. Hierfür sollen die Zahlen des Jahresabschlusses des maßgeblichen Geschäftsjahres und nicht etwa der unmittelbare Zeitpunkt vor oder zu Beginn der Bemessungsperiode maßgeblich sein. Dies hat Folgen für die Vertragsgestaltung, da eine variable Vergütung nicht selten bereits vor diesem Zeitpunkt gewährt werden soll. Zu empfehlen ist daher ein vertraglicher Rückzahlungsvorbehalt, der das Institut im Falle einer Nichterreichung der Kriterien von § 7 IVV zur Rückzahlung ermächtigt.

Negative Erfolgsbeiträge: Die BaFin gibt in Frage 6 der FAQ eine Antwort auf die Frage, was unter einem „negativen Erfolgsbeitrag“ zu verstehen sei. Hierzu gehören nach der BaFin sitten- oder pflichtwidrige Verhaltensweisen sowie Fälle, in denen das Verhalten oder die Entscheidung von Mitarbeitenden zu objektiv schwerwiegenden negativen Auswirkungen für das Institut geführt hat. Liegt ein negativer Erfolgsbeitrag vor, ist die variable Vergütung zu reduzieren oder vollständig zu streichen. Dogmatisch verankert wird dieser Gedankengang an § 5 Abs. 2 IVV. Um sicherzustellen, dass diese Vorgaben eingehalten werden, empfehlen wir, interne Prozesse so zu organisieren, dass negative Erfolgsbeiträge erkannt und eine Berücksichtigung gewährleistet werden kann.

Vergütung in Instrumenten: Umfangreiche Ausführungen finden sich auch für nicht-börsennotierte Institute. Um Rechtskonformität in Bezug auf § 20 Abs. 5 IVV sicherzustellen, ist bei der Frage, wie nicht-börsennotierte Institute diese Anforderungen (Gewährung von mindestens 50% der variablen Vergütung in Instrumenten) erfüllen können, v.a. an aktienbasierte Instrumente oder andere gleichwertige Instrumente zu denken.

Leistungsanerkennungsprämien: Die BaFin gibt nicht zuletzt eine Einschätzung zu der Frage, inwieweit Leistungsanerkennungsprämien („recognition oder appreciation awards“) mit der IVV vereinbar sind. Dies wird bejaht, wenn bestimmte Faktoren berücksichtig werden. Genannt sind u.a. die Beschränkung des Ermessensspielraums für die Gewährung; die Berücksichtigung von negativen Erfolgsbeiträgen, die Vereinbarkeit mit § 7 IVV und die Nichteinbeziehung von Risikoträgern. In jedem Fall muss das Instrument der Leistungsanerkennungsprämien in der Vergütungspolitik vorgesehen sein.

Vergütungsbeauftragte: Vergütungsbeauftragte überwachen die Ausführung der Vergütungssysteme und unterstützen den Vergütungskontrollausschuss. Erstmals präzisiert wird, welche Anforderungen ein Vergütungsbeauftragter erfüllen muss, um die Vorgaben aus § 23 Abs. 1 S. 3 IVV zu erfüllen. Neben Kenntnissen und Erfahrungen in den Bereichen Risikotragfähigkeit, Limitsysteme, ICAAP und ILAAP sollten auch Kenntnisse über die aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Risikocontrolling und Personal vorhanden sein. Daneben finden sich auch Ausführungen über den Arbeitsanteil eines Vergütungsbeauftragen, der nicht ausschließlich in dieser Position tätig ist.