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26. Januar 2024Lesedauer 3 Minuten

Abberufung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten: Voraussetzungen im Sinne der aktuellen Rechtsprechung

Betriebliche Datenschutzbeauftragte können nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nur abberufen werden, wenn dafür ein wichtiger Grund gegeben ist (§§ 6 Abs. 4 S. 1, 38 Abs. 2 BDSG i.V.m. § 626 Abs. 1 BGB). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Kündigungsvoraussetzung zuletzt als mit dem europäischen Datenschutzrecht konform erklärt (Urteil vom 6. Juni 2023 – Az. 9 AZR 621/19). In derselben Entscheidung bestätigte das BAG, dass die Abberufung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten nicht zwingend eine Teilkündigung des Beschäftigungsverhältnisses erfordert. Insoweit ist vielmehr maßgeblich, welche Vereinbarung zwischen den Parteien geschlossen wurde.

 

Der Fall

Der klagende Mitarbeiter wurde während seines bestehenden Arbeitsverhältnisses zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten ernannt. Diese Tätigkeit übte der Mitarbeiter neben seiner eigentlichen Tätigkeit mit ungefähr der Hälfte seiner Arbeitszeit aus. Die Beklagte rief den Kläger als Datenschutzbeauftragten ab und begründete dies unter anderem mit einem Interessenkonflikt des Klägers. Der Kläger wendete sich gegen die Abberufung und forderte die fortdauernde Beschäftigung als Datenschutzbeauftragter.

 

EuGH: Strengere nationale Regelungen zum Schutz des Datenschutzbeauftragten zulässig

Nachdem der Kläger in den Vorinstanzen gescheitert war, setze das BAG das Verfahren zunächst aus und ersuchte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Entscheidung, ob die Regelung des § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG unionsrechtskonform ist. Das BAG hatte Bedenken, ob diese Regelung mit der Datenschutzgrundverordnung vereinbar ist (Art. 38 Abs. 3 S. 2 DS-GVO). Hiernach darf der Datenschutzbeauftragte nicht wegen der Erfüllung seiner Aufgaben abberufen oder benachteiligt werden. Der EuGH stellte fest, dass eine nationale Vorschrift zum Schutz des Datenschutzbeauftragten Art. 38 Abs. 3 S. 2 DS-GVO unter bestimmten Voraussetzungen nicht verletzt (Urteil vom 9. Februar 2023 –Rs. C-453/21).

Das BAG entschied daraufhin, dass der im BDSG vorgesehene Schutz des Datenschutzbeauftragten (§ 6 Abs. 4 S. 1 BDSG) die Ziele der DS-GVO nicht beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung wäre nur dann anzunehmen, wenn das nationale Recht „jede“ Abberufung des Datenschutzbeauftragten verhindern würde. Durch die Voraussetzung eines wichtigen Grundes werde zwar die Abberufung erschwert, aber gerade nicht unmöglich gemacht.

 

BAG: Eine Teilkündigung des Beschäftigungsverhältnisses ist nicht zwingend erforderlich

Zugleich bestätigte das BAG seine Rechtsprechungspraxis, wonach die Abberufung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten nicht zwingend einer Teilkündigung des Beschäftigungsverhältnisses bedürfe. Das Erfordernis einer Teilkündigung richte sich nach den getroffenen Vereinbarungen zwischen den Parteien. Regelmäßig sei bei der Bestellung eines Mitarbeiters zum Datenschutzbeauftragten davon auszugehen, dass der Arbeitsvertrag für die Zeitspanne der Amtsübertragung lediglich geändert und erweitert werde. Diese Annahme gelte auch, wenn keine ausdrückliche Vereinbarung diesbezüglich getroffen wurde. Indem der Datenschutzbeauftragte abberufen wird, entfalle die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter als Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung, sodass diesbezüglich auch keine Teilkündigung erforderlich sei.

 

Praxishinweis

Die Klarstellung des BAG, dass die Abberufung des Datenschutzbeauftragten nicht zwingend einer Teilkündigung des Beschäftigungsverhältnisses bedarf, ist erfreulich. Aus der Vereinbarung zur Übertragung des Amtes ergibt sich regelmäßig nicht, dass das Amt dauerhaft übertragen werden und der Arbeitsvertrag geändert werden soll. Entscheidend sind diesbezüglich stets die Umstände des konkreten Einzelfalles, sodass die Vereinbarung vor der Abberufung genau geprüft werden sollte.

Aus der Entscheidung des BAG zu § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG wird deutlich, dass sich aus den datenschutzrechtlichen Bestimmungen des BDSG auch arbeitsrechtliche Konsequenzen ergeben können. Arbeitgeber müssen mithin sorgfältig prüfen, ob die Abberufung wegen des Vorliegens eines wichtigen Grundes (§ 626 Abs. 1 BGB) – welcher für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung erforderlich ist – erfolgen kann.