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10. Januar 2024Lesedauer 3 Minuten

Gehaltsrückforderung wegen nicht erbrachter Arbeitsleistung im Home Office – Darlegungs- und Beweislast

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Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass und in welchem Umfang der Arbeitnehmer1 seine Arbeitspflicht nicht erfüllt hat. Auf den entsprechenden Prozessvortrag des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer substantiiert zu erwidern. Das gilt auch bei Arbeitsleistungen im Home-Office. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) am 28. September 2023 (Az. 5 Sa 15/23).

 

Der Fall

Die klagende Arbeitnehmerin hatte ihre Tätigkeit überwiegend aus dem Home-Office erbracht. An vereinzelten Arbeitstagen, in denen die Arbeitnehmerin sich im Home-Office befand, versandte sie E-Mails an Kolleginnen, mit denen sie unter anderem Dokumente übersandte oder Informationen anforderte. Die Mitarbeiterin nutzte dafür ihren privaten Laptop. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit fristgemäß.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses klagte die Arbeitnehmerin auf Zahlung ausstehender Vergütung und Abgeltung ausstehenden Urlaubs. Die Arbeitgeberin forderte im Wege der Widerklage die Rückzahlung des Bruttolohns für insgesamt 300 Arbeitsstunden im Home-Office.

 

Die Entscheidung

Das LAG stellte fest, dass auch bei Home-Office Tätigkeiten der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ Anwendung findet. Hiernach entfällt bei Nichterbringung der Arbeitsleistung der Vergütungsanspruch, sofern sich nicht aus einer anderen rechtlichen Grundlage ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung ergibt – zum Beispiel aus dem Entgeltfortzahlungs- oder dem Bundesurlaubsgesetz. Prozessual bedeutet dies nach Ansicht des LAG, dass es in einem gerichtlichen Verfahren Aufgabe der Arbeitgeberin ist, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass und in welchem Umfang der Arbeitnehmer die Arbeitspflicht nicht erfüllt hat. Trägt die Arbeitgeberin entsprechend im Prozess vor, hat der Arbeitnehmer substantiiert zu erwidern. Das LAG stellte vorliegend fest, dass die Arbeitgeberin ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen ist.

 

Praxishinweis

Grundsätzlich tragen Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich ihres Vergütungsanspruchs. Dies gilt jedoch nach obergerichtlicher Rechtsprechung nicht, wenn Arbeitgeber die Vergütung kürzen oder diese (teilweise) zurückfordern. Dann trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass und in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht nicht erfüllt hat. Das LAG stellt mit seiner Entscheidung ausdrücklich klar, dass dies auch für Arbeitsleistungen gilt, die im Home-Office erbracht werden. Dies überrascht grundsätzlich erst einmal nicht.

Es lässt sich allerdings nicht von der Hand weisen, dass die Möglichkeiten für Arbeitgeber, nachzuweisen, dass Arbeitnehmer keine Arbeitsleistungen erbringen, im Home-Office noch begrenzter sind als bei Tätigkeiten, die in einem Büro des Arbeitgebers erbracht werden. Jedenfalls im Falle des Verdachtes, dass der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringt, sollte der Arbeitgeber konkrete Arbeitsanweisungen erteilen und die Durchführung überprüfen und dokumentieren, um gegebenenfalls arbeitsrechtliche Sanktionen vorbereiten zu können. Zudem sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass Arbeitnehmer im Home-Office für ihre Tätigkeiten dienstliche Geräte nutzen. Hierüber könnten dann je nach Einzelfall zumindest Anmeldungen – oder gerade fehlende Anmeldungen – im dienstlichen Netzwerk registriert werden. In jedem Fall ist bei der Überwachung am (heimischen) Arbeitsplatz jedoch äußerste Vorsicht geboten und für jeden Einzelfall die Einhaltung der strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen zu gewährleisten.

Das Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern finden Sie hier.


1Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet; es werden jedoch ausdrücklich alle Geschlechteridentitäten erfasst.