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30. Januar 2024Lesedauer 3 Minuten

Ämter des Betriebsratsvorsitzenden und des betrieblichen Datenschutzbeauftragten inkompatibel

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Ist der betriebliche Datenschutzbeauftragte zugleich Betriebsratsvorsitzender, kann dieser von seinem Amt als Datenschutzbeauftragter abberufen werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat festgestellt, dass die beiden Ämter wegen eines Interessenkonfliktes nicht miteinander vereinbar sind (Urteil vom 6. Juni 2023 – Az. 9 AZR 383/19).

 

Der Fall

Der Kläger ist Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats und wurde im Jahr 2015 zusätzlich zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten bestellt. Nach einer Intervention der zuständigen Aufsichtsbehörde widerrief die Beklagte die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten. Hiergegen wendete sich der Kläger.

 

Betriebsratsvorsitzender entscheidet über Datenverarbeitungsvorgänge

Nach Auffassung des BAG besteht im Falle der gleichzeitigen Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender und Datenschutzbeauftragter ein unauflösbarer Interessenkonflikt, welcher als wichtiger Grund die Abberufung des Datenschutzbeauftragten ermöglicht (§ 6 Abs. 4 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz i.V.m. § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Dabei stützt sich das Gericht auf die Grundsätze, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Hinblick auf das Vorliegen eines Interessenkonflikts aufgestellt hat (Art. 38 Abs. 6 Datenschutzgrundverordnung). Demnach sei ein solcher anzunehmen, wenn der Datenschutzbeauftragte zugleich eine Position bekleidet, die ihn dazu veranlasst, die Zwecke und Mittel einer Datenverarbeitung festzulegen (Urteil vom 9. Februar 2023 – Az. C-453/21). Dies sei mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten unvereinbar, denn diesem obliege es, die Einhaltung der Datenschutzvorschriften zu überwachen. Der Datenschutzbeauftragte müsste sich in einer solchen Konstellation also selbst überprüfen.

Bei der Doppelrolle des Betriebsratsvorsitzenden und Datenschutzbeauftragten sei nach Auffassung des BAG ein Interessenkonflikt anzunehmen, da der Betriebsrat in Ausübung seiner aus dem Betriebsverfassungsgesetz folgenden Aufgaben und Rechte auch personenbezogene Daten verarbeite. Dabei entscheide der Betriebsrat teilweise auch, welche Daten auf welche Weise verarbeitet werden sollen, lege also die Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung fest. Dem Betriebsratsvorsitzenden obliege dabei die Vertretung des Betriebsrats, sodass sich dieser als Datenschutzbeauftragter selbst überwachen müsste.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung des BAG war überraschend. Denn das das Gericht deutete in seinem Vorlagebeschluss an den EuGH noch an, einen Interessenkonflikt in diesem Fall zu verneinen. Gleichwohl ist die Klärung dieser seit langem umstrittenen Frage aus Praxissicht zu begrüßen. Ungeklärt bleibt, ob die einfache Mitgliedschaft im Betriebsrat ausreicht, um die Abberufung zu rechtfertigen. Auch hinsichtlich anderer Positionen in der Betriebsstruktur wird in Zukunft zu klären sein, ob diese aufgrund ihrer Einflussnahme auf Datenverarbeitungsvorgänge als Datenschutzbeauftrage ausscheiden. Eine entsprechende Prüfung ist immer dann erforderlich, wenn der betriebliche Datenschutzbeauftragte zugleich weitere Tätigkeiten oder Ämter ausübt.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Aufsichtsbehörden im Falle eines Interessenkonfliktes davon ausgehen dürfen, ein zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten verpflichtetes Unternehmen habe keinen (zulässigen) Datenschutzbeauftragten bestellt.

Sie können das Urteil hier abrufen.

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