Fit für 2025: Zollrecht in Deutschland
Am 25. Januar findet die Amtseinführung Donalds Trumps in das Präsidentenamt der Vereinigten Staaten statt. Schon in seiner ersten Amtszeit gehörte die Einführung von Zöllen zu Trumps wirtschaftspolitischer Strategie. Bereits im Vorfeld seiner Amtseinführung 2025 hat Trump erneut die die Einführung erheblicher Zölle auf Einfuhren in die USA und zwar Basiszöllen von 10-20% auf Importe aus der EU und 60% auf Importe aus China angekündigt. Aufgrund existierender Handelsbeziehungen haben protektionistische Maßnahmen Auswirkungen auf Deutschland und die Europäische Union (EU). Da die USA einer der wichtigsten Exportpartner Deutschlands sind, sollten deutsche Unternehmen dies zum Anlass nehmen ihre Lieferketten zu analysieren. Die zu erwartenden zollrechtlichen Entwicklungen unter der Trump-Regierung sowie weitere zollrechtliche Neuerungen diskutieren wir nachstehend.
Neue Fassung der Kombinierten Nomenklatur
Ab Januar 2025 wird eine neue Fassung der Kombinierten Nomenklatur (KN) in Kraft treten. Die KN ist eine EU-einheitliche achtstellige Warennomenklatur für den Außenhandel. Mit der Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur lässt sich der anwendbare Zolltarif bestimmen. Eine Änderung kann Auswirkungen auf die Einordnung der betroffenen Produkte haben, weshalb Unternehmen ihre Produktplatte auf Änderungen bezüglich der Einreihung überprüfen sollten. Unternehmen müssen gegebenenfalls ihre Stammdaten aktualisieren und Bewilligungen anpassen, um sicherzustellen, dass Zollanmeldungen korrekt abgegeben werden.
Handelsabkommen in 2025
Ursprungsregeln im Pan-Europa-Mittelmeer-Abkommen (PEM-Abkommen)
Das Pan-Europa-Mittelmeer-Abkommen (PEM-Abkommen) wird modernisiert. Ab dem 1. Januar 2025 treten neue Ursprungsregeln zwischen den Vertragsparteien des PEM-Abkommens – wie etwa der EU, der Schweiz, Norwegen und der Türkei - in Kraft. Die neuen Regeln sollen den Handel zwischen den Vertragsparteien vereinfachen und beschleunigen.
Das System der Paneuropa-Mittelmeer-Ursprungskumulierung ermöglicht die Anwendung der diagonalen Kumulierung zwischen den Vertragsparteien. Das System basiert auf einem Netzwerk von Freihandelsabkommen mit identischen Ursprungsprotokollen. Diese Ursprungsprotokolle werden durch einen Verweis auf das Regionale Übereinkommen über Paneuropa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln (PEM-Übereinkommen) ersetzt.
Das revidierte PEM-Übereinkommen tritt für alle Freihandelsabkommen in Kraft, die bereits einen dynamischen Verweis auf das PEM-Übereinkommen enthalten.
Da zum 1. Januar 2025 nicht alle Freihandelsabkommen eine dynamische Referenz auf das PEM-Übereinkommen vorweisen und somit keine identischen Ursprungsregeln im gesamten PEM-Raum existieren, wurden Übergangsregeln beschlossen. Die vom 1. Januar bis einschließlich 31. Dezember 2025 geltende Ursprungsregeln sind vom dem zwischen den Handelspartnern geltenden Freihandelsabkommen abhängig:
- Freihandelsabkommen mit dynamischer Referenz und ratifizierten Übergangsbestimmungen
- Anwendung der alten oder der revidierten Regeln
- Diagonale Kumulierung nach den revidierten Regeln möglich
- Diagonale Kumulierung nach den alten Regeln möglich
- Durchlässigkeit von alten zu revidierten Regeln hin
- Freihandelsabkommen mit dynamischer Referenz, aber ohne ratifizierte Übergangsbestimmungen
- Anwendung der revidierten Regeln
- Diagonale Kumulierung nach den revidierten Regeln möglich
- Freihandelsabkommen ohne dynamische Referenz und ohne ratifizierte Übergangsbestimmungen
- Anwendung der alten Regeln
- Diagonale Kumulierung nach den alten Regeln möglich
Die Wirtschaftsakteure haben somit die Möglichkeit, auf der Grundlage ihrer Lieferketten zwischen den beiden geltenden Regelwerken zu wählen. Die Übergangsbestimmungen gewährleisten auch den Grundsatz der Durchlässigkeit zwischen den beiden Ursprungsregeln. Waren, die als Ursprungserzeugnisse im Sinne der Vorschriften von 2012 gelten, können für die Zwecke der Kumulierung auch als Ursprungserzeugnisse im Sinne der Vorschriften von 2023 angesehen werden, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
EU-Mercosur-Abkommen
Für 2025 ist auch das Inkrafttreten des Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Staaten des MERCOSUR – Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay – nach mehr als 20 Jahren Verhandlungen geplant. Die letzten Verhandlungen über die Stärkung von Nachhaltigkeitsaspekten wurden im Dezember 2024 abgeschlossen. Nun wird das Abkommen rechtlich durch die Europäische Kommission geprüft und sodann in die europäischen Amtssprachen übersetzt. Anschließend wird das Abkommen dem Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Parlament zur Zustimmung vorgelegt. Nach Zustimmung durch den Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament müssen im Zuge der Ratifizierung alle nationalen Parlamente dem Abkommen zustimmen.
Der Abschluss der Verhandlungen über das Abkommen ist für deutsche Unternehmen von großer wirtschaftlicher und strategischer Bedeutung, da das Abkommen ein positives Signal gegen protektionistische Tendenzen und für eine regelgebundene und wertebasierte Ausgestaltung der Handelspolitik darstellt. Durch das Abkommen soll eine der weltweit größten Freihandelszonen mit über 715 Millionen Einwohnern entstehen. Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay sind wichtige Absatzmärkte der deutschen Wirtschaft.
Ziel dieses bislang größten Handelsabkommens der EU ist der Abbau von Handelsbarrieren. Es sollen Zölle auf verschiedene EU-Produkte abgebaut und Standards harmonisiert werden. Nach Berechnungen der Europäischen Kommission können sich durch den Zollabbau für europäische Exporteure und damit auch für deutsche Unternehmen jährliche Einsparungen von insgesamt vier Milliarden Euro ergeben. Zudem erlangen Unternehmen durch das Abkommen höhere Rechtssicherheit bei ihren unternehmerischen Aktivitäten.
Ausgleichszölle auf Waren chinesischen Ursprungs
Im Jahr 2024 haben immer mehr westliche Länder Zölle auf Produkte chinesischen Ursprungs verhängt. Neben Stahl- und Aluminium-Produkten waren insbesondere Elektroautos betroffen. Für das Jahr 2025 könnte diese Strafzollspirale gegen China weiter an Fahrt aufnehmen wird.
Die Europäische Kommission hat im Oktober 2024 ihre Antisubventionsuntersuchung zur Einfuhr von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen aus China abgeschlossen und endgültige Ausgleichszölle eingeführt. Die Ausgleichszölle gelten für einen Zeitraum von fünf Jahren.
E-Autos aus China werden nicht pauschal, sondern mit abgestuften Ausgleichszöllen belegt. Diese liegen je nach Hersteller zwischen 7,8 und 35,3 Prozent.
Neben chinesischen Herstellern sind möglicherweise jedoch auch deutsche Unternehmen betroffen. Deutsche Unternehmen produzieren einige Modelle in China und exportieren diese Fahrzeuge dann u.a. nach Europa. Wie sehr die Preise für Elektroautos aus China steigen und in welchem Umfang die höheren Kosten an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden, ist noch nicht absehbar.
Hintergrund der Strafzölle ist die Befürchtung einer Wettbewerbsverzerrung auf dem europäischen E-Auto-Markt durch staatliche chinesische Subventionen für chinesische Hersteller von E-Autos etwa in Form von finanziellen Subventionen für die Produktionsprozesse bis hin zu extrem geringen Kosten für Energie, Rohstoffe und Infrastruktur. Die EU Kommission sah zunehmende Hinweise auf einen raschen Anstieg der niedrigpreisigen Einfuhren von Elektrofahrzeugen aus China in den letzten Jahren.
Demgegenüber steht die Befürchtung, dass China Gegenmaßnahmen ergreifen könnte und deutsche Automobilhersteller sowie andere deutsche und europäische Unternehmen, die in China tätig sind, über die Einführung von höheren Zöllen bei der Einfuhr von Verbrennern mit großem Hubraum aus der EU nach China sanktioniert werden. Für die deutsche Industrie ist China als größter Automarkt der Welt einer der wichtigsten Absatzmärkte. Deutsche Unternehmen produzieren in China nicht nur für den chinesischen Markt, sondern auch für den Export.
China hat die Rechtmäßigkeit der Ausgleichszölle bereits auf Welthandelsorganisations-Ebene angezweifelt. Die EU und China verhandeln weiterhin, um alternative, mit dem Regelwerk der WTO zu vereinbarende Lösungen zu finden.
Auslaufen der CBAM-Übergangsphase
Zum Ende des Jahres 2025 läuft die Übergangsphase des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) aus. Eine Systemumstellung auf Unternehmensseite sollte bereits im Laufe des Jahres 2025 erfolgen, um die ab 1. Januar 2026 geltenden Anforderungen erfüllen zu können. CBAM zielt darauf ab, sog. Carbon Leakage zu verhindern. Dies bedeutet, dass verhindert werden soll, dass Unternehmen, welche in CO2-intensiven Industrien tätig sind, ihre Aktivitäten nicht in Länder außerhalb der EU zu verlagern, in denen weniger strenge Klimaschutzvorgaben gelten. Zu diesem Zweck müssen betroffene Unternehmen einen Antrag auf Zulassung als CBAM-Melder stellen und Berichtspflichten nachkommen.
Zölle unter der neuen US-Regierung
Deutsche Unternehmen, für die die USA der größte Absatzmarkt außerhalb der EU sind, müssen mit empfindlichen Einbußen rechnen, sollte die US-Regierung die angekündigten Zölle realisieren. Dies würde vor allem die deutsche Pharma-Industrie, den Export von Maschinen sowie die deutsche Automobil- und Zulieferindustrie betreffen. Nach Berechnungen des ifo Institut für Wirtschaftsforschung würde allein in Deutschland ein erheblicher wirtschaftlichen Schaden von 33 Milliarden Euro entstehen. Nach Schätzungen desselben Instituts könnten die deutschen Exporte in die USA um etwa 15% zurückgehen. Zusätzlich würden nach Schätzungen des Instituts die Ausfuhren nach China um 10% sinken, weil chinesische Exporte in die USA ebenfalls massiv zurückgehen würden.
Es bleibt abzuwarten, ob die künftige US-Regierung die angekündigten Zölle umsetzen wird. Deutsche Exporteure sollten sich jedenfalls bestmöglich auf die höhere Importzölle und stärkere Beschränkungen des internationalen Handels vorbereiten. Zunächst gilt es, die mögliche Einführung der Zölle weiterhin im Blick zu behalten und Alternativen, insbesondere hinsichtlich der Lieferketten aber natürlich auch der Absatzmärkte, zu prüfen. Sollte die US-Regierung ihre Zollvorhaben realisieren, so gilt es Lieferketten an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen und Produktionsstandorte gegebenenfalls zu verlagern oder neu zu eröffnen.
Key Takeaways
- Neue Fassung der Kombinierten Nomenklatur (KN)
- Prüfung durch Unternehmen, ob Änderungen KN für Produktpalette einschlägig
- Ggf. Anpassung der Produktstammdaten, Bewilligungen
- Ursprungsregeln im Pan-Europa-Mittelmeer-Abkommen (PEM-Abkommen)
- Prüfung der anwendbaren Ursprungsregeln während des Übergangszeitraums
- EU-Mercosur-Abkommen
- Chance für (deutsche) Unternehmen neue Märkte zu erschließen
- Ausgleichszölle auf Waren chinesischen Ursprungs
- Auswirkungen auf E-Auto-Markt nicht abschließend geklärt
- Im Zusammenspiel mit höheren Zöllen anderer Länder womöglich Anstieg der E-Auto-Importe nach Europa
- Mögliche Betroffenheit deutscher Automobil-Unternehmen
- Prüfung alternativer Produktionsstandorte
- Auslaufen der CBAM-Übergangsphase
- Umstellung unternehmenseigener Systeme auf Ablauf der Übergangsphase
- Beantragung einer “Zulassung als CBAM-Anmelder”
- Sammlung relevanter Daten für das Berichtsjahr 2026
- Zölle unter der neuen US-Regierung
- Überprüfung von Lieferketten
- Ggf. Anpassung der Lieferketten
- Auswirkungen auf E-Auto-Markt nicht abschließend geklärt
Für weitere Fragen in diesem Kontext steht Ihnen das Zollrechtsteam von DLA Piper gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail.