
22. Jänner 2025 • Lesedauer 3 Minuten
Return to office bei 500 km entferntem Arbeitsplatz unbillig
Arbeitgeber haben gegenüber ihren Arbeitnehmern ein Weisungsrecht, bei dessen Ausübung sie die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen müssen. Mit dem Weisungsrecht im Hinblick auf die Rückkehr aus dem Homeoffice befasste sich kürzlich das Landesarbeitsgericht Köln. Es entschied, dass ein Arbeitnehmer, der seine Arbeit in den letzten Jahren nahezu komplett im Homeoffice erbracht hat, vom Arbeitgeber ohne sachlichen Grund nicht an einen 500 km entfernten Arbeitsplatz versetzt werden darf – auch, wenn der Arbeitsvertrag dies zulässt (LAG Köln, Urteil vom 11. Juli 2024 – 6 Sa 579/23).
Sachverhalt
Der seit 2017 bei einem Automobilzulieferer beschäftigte Projektmanager arbeitete seit der Covid-19-Pandemie fast vollständig von zu Hause aus. Der Arbeitsvertrag des Managers sah keinen festen Arbeitsort vor. Stattdessen hieß es dort: „Der Einsatzort des Angestellten bezieht sich auf die gesamte […] Unternehmensgruppe und richtet sich nach den laufenden Projekten der […] Unternehmensgruppe.“
Mit Schließung des heimatnächsten Standorts des Arbeitnehmers wies der Arbeitgeber diesen an, seine Arbeitsleistung fortan von einem 500 km entfernten Standort in Präsenz zu erbringen und sprach hilfsweise eine Änderungskündigung aus. Der Arbeitnehmer widersprach der Weisung des Arbeitgebers sowie der Änderung des Arbeitsvertrags und erhob Kündigungsschutzklage.
Rückbeorderung ins Office bedarf überwiegender sachlicher Interessen des Arbeitgebers
Nach der Entscheidung des LAG Köln sind sowohl die Versetzung als auch die hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung unwirksam. Zwar haben Arbeitgeber ein Weisungsrecht gegenüber ihren Arbeitnehmern (§ 106 S. 1 Gewerbeordnung). Mittels des Weisungsrechts können sie, soweit diesem – wie vorliegend – keine Regelungen aus dem Arbeitsvertrag entgegenstehen, festlegen, wo der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zu erbringen hat. Bei der Ausübung des Weisungsrechts darf der Arbeitgeber jedoch nicht die Grenze des billigen Ermessens überschreiten. Gegen die Versetzung des Managers aus dem Homeoffice in ein 500 km entferntes Büro spricht nach Auffassung des LAG Köln, dass der Arbeitnehmer über Jahre hinweg von zu Hause aus gearbeitet habe, wo er „familiär, logistisch, im Freundeskreis und in der Kultur“ verortet sei.
Ein das Bestands- und Ortsinteresse des Arbeitnehmers überwiegender sachlicher Grund auf Seiten des Arbeitgebers liege nicht vor. Die Schließung des wohnortnahen Standorts führe zwar zu einem dringenden betrieblichen Erfordernis, den Manager dem 500 km entfernten Standort zuzuordnen. Dies gelte – bei gleichbleibenden Arbeitsaufgaben, die seine Präsenz nicht erforderlich machten – aber nicht für die Rückbeorderung ins Büro.
Die Kündigung scheitert in Anbetracht des vorstehend Gesagten am Nichtvorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses (§ 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz). Es fehlt bereits an einer für den Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis kausalen Organisationsentscheidung.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Köln darf nicht zu der Annahme verleiten, dass Arbeitgeber Arbeitnehmer nicht zurück ins Office beordern können. Einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice gibt es nicht. Fehlen Vereinbarungen in Arbeits-, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung, kann der Arbeitgeber jederzeit die Rückkehr aus dem Homeoffice anordnen. Dabei muss er allerdings die Grenze des billigen Ermessens wahren. Immer erforderlich ist ein das Interesse des Arbeitnehmers überwiegender sachlicher Grund.





