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11. April 2024Lesedauer 3 Minuten

Digitalisierung im Arbeitsrecht – Formvorschriften und der Abbau von Bürokratie

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HR-Abteilungen kommen in ihrem Arbeitsalltag nicht daran vorbei: Formvorschriften und insbesondere Schriftformerfordernisse. Nicht zuletzt durch die Erklärung des Bundesjustizministers Marco Buschmann vom 21. März 2024 zum „Durchbruch beim Nachweisgesetz“ rückt das Thema wieder in den Fokus.

 

Welche Formvorschriften gelten?

Je nachdem, um was für eine Erklärung es sich handelt, ist im Rechtsverkehr Schriftform (§ 126 BGB), elektronische Form mit qualifizierter elektronischer Signatur (§ 126a BGB) oder Textform (§ 126b BGB) erforderlich. Die elektronische Form kann die Schriftform ersetzen, sofern dies nicht gesetzlich ausgeschlossen ist. Ist gesetzlich keine bestimmte Form vorgegeben und gibt es keine sonstige Vereinbarung zur Form, können Erklärungen zudem formlos, das heißt insbesondere mündlich abgegeben werden. Allerdings sollten solche Erklärungen zu Dokumentationszwecken zumindest in Textform abgegeben werden. Kündigungen, Aufhebungsvereinbarungen und Arbeitszeugnisse bedürfen der Schriftform. Für Befristungsabreden, nachvertragliche Wettbewerbsverbote und Betriebsvereinbarungen ist die elektronische Form nicht ausgeschlossen, sodass diese grundsätzlich auch in der elektronischen Form (§ 126a BGB) wirksam abgeschlossen werden können.

 

Reform des Nachweisgesetzes 2022

Der Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen nach dem Nachweisgesetz bedarf (noch) der Schriftform. Wie das Wort „Nachweis“ bereits impliziert, handelt es sich nicht um einen konstitutiven Akt. Der Nachweis ist vielmehr rein deklaratorischer Natur – die vereinbarten Bedingungen gelten unabhängig von dem schriftlichen Nachweis. Darauf ist insbesondere im Zusammenhang mit Befristungsabreden zu achten: Eine Befristungsabrede muss vor Beginn der Arbeitsaufnahme in der vorgeschriebenen Form getroffen werden, da ansonsten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Zudem ist zu beachten, dass vorsätzliche Verstöße gegen das Nachweisgesetz Ordnungswidrigkeiten darstellen. Es droht ein Bußgeld in Höhe von EUR 2.000,00 pro Arbeitnehmer, demgegenüber die wesentlichen Vertragsbedingungen nicht in Schriftform mitgeteilt werden.

 

Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV)

Der bereits angeführten Erklärung des Bundesjustizministers ist zu entnehmen, dass „der Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform ermöglicht werden [soll], sofern das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält“. Lediglich auf Verlangen der Arbeitnehmer und in Wirtschaftsbereichen oder -zweigen nach § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetzes soll der Nachweis in Schriftform zu erbringen sein. Auch im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung soll es Formerleichterungen geben1.

 

Besonderheiten international geführter Unternehmen

Das Schriftformerfordernis im Rahmen des Ausspruchs von Kündigungen stellt international geführte Unternehmen vor Herausforderungen. Die handschriftliche Unterschrift eines gesetzlichen Vertreters auf der Kündigung ist grundsätzlich notwendig. Oftmals gibt es vor Ort jedoch keinen gesetzlichen Vertreter, da dieser beispielsweise bei der ausländischen Muttergesellschaft angestellt ist. In der Praxis bieten sich zwei Optionen an:

  • Unternehmen halten vor Ort handschriftlich vom alleinvertretungsberechtigten gesetzlichen Vertreter unterzeichnete Vollmachten „auf Vorrat“ vor, die der Bevollmächtigte dann zusammen mit von ihm handschriftlich unterzeichneten Kündigungen übersenden kann.
  • Arbeitnehmer werden vor Ausspruch der Kündigung von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt. Hierfür bestehen grundsätzlich keine Formvorgaben. Es ist sogar ein konkludentes Inkenntnissetzen möglich. Dies setzt voraus, dass die Person, die die Kündigung ausspricht, eine Position bekleidet, die regelmäßig mit der entsprechenden Vollmacht verbunden ist und der Arbeitnehmer dies weiß (beispielsweise durch die Ernennung zum Personalleiter mit entsprechender Kommunikation an die Belegschaft).

 

Praxishinweise

Solange das angekündigte Bürokratieentlastungsgesetz IV noch nicht umgesetzt ist, sollten Unternehmen weiterhin die schriftlichen Nachweispflichten erfüllen. Daneben sollte darauf geachtet werden, dass die jeweiligen Wirksamkeitsvoraussetzungen für Erklärungen (etwa die Befristungsabrede) eingehalten werden. Auch formlos mögliche Erklärungen wie Abmahnungen sollten zu Beweiszwecken dokumentiert werden, um etwaige weitere arbeitsrechtliche Schritte vorzubereiten. International geführte Unternehmen sowie Unternehmen mit gesetzlichen Vertretern, die sich häufig und länger auf Geschäftsreisen befinden, sollten durch entsprechende Vollmachten Vorkehrungen treffen.


1Bitte sehen Sie auch unseren Blogbeitrag hier.