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11. April 2024Lesedauer 3 Minuten

Das Ende des Home Office?

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Namhafte Unternehmen fordern zunehmend die Rückkehr ihrer Mitarbeiter in die Büros. Das stößt auf Kritik und Unverständnis, auch, weil viele Arbeitgeber bereits ihre Büroflächen verkleinert haben. Führen die verschärften Regeln wirklich zum Ende der jungen Ära des Home Office? Oder gilt vielmehr: „R.T.O. is D.O.A.1“? Nachstehend wird aus arbeitsrechtlicher Sicht beleuchtet, ob Arbeitgeber die vollständige Rückkehr in den Betrieb verlangen können und was es zu beachten gilt. Daneben werden die Anforderungen an eine nachträgliche Beschränkung von mobiler Arbeit auf Home Office skizziert.

 

Direktionsrecht des Arbeitgebers

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen im Wege seines Direktionsrechts näher bestimmen Die Aufforderung zur Rückkehr in den Betrieb ist also rechtlich möglich. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung, ein anwendbarer Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften dem entgegenstehen.

 

Recht auf Home Office

De lege lata besitzen Arbeitnehmer2 momentan keinen Anspruch auf Home Office. Zwar stellt der Ampel-Koalitionsvertrag einen Erörterungsanspruch des Arbeitnehmers über mobiles Arbeiten und Homeoffice in Aussicht – eine legislative Umsetzung ist bislang aber noch nicht erfolgt. Dahingegen existieren mittlerweile einige Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge, die Bestimmungen zu mobilem Arbeiten enthalten. So sieht etwa der Tarifvertrag für öffentliche Banken ein Recht auf mobiles Arbeiten von bis zu 40% der wöchentlichen Arbeitszeit vor.3 Ausnahmen hiervon sind nur im Einzelfall und nicht in Bezug auf die gesamte Belegschaft erlaubt. Die privaten Banken lehnen einen tarifrechtlichen Anspruch auf Homeoffice derzeit ab. Ein nicht seltenes Phänomen sind außerdem Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag, in denen Einzelheiten zur Arbeit im Home Office geregelt sind.

 

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

In mitbestimmten Betrieben muss der Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats wahren. Bei einer „Return to Office“-Initiative muss folglich zunächst überprüft werden, ob Versetzungen nach §§ 95, 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vorliegen, denn diese erfordern eine vorherige Anhörung und Zustimmung des Betriebsrats. Zudem könnte dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG) zur Ausgestaltung von mobiler Arbeit zustehen, wenn nicht nur das „Ob“, sondern das „Wie“ der mobilen Arbeit betroffen ist. Eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München (8 TaBVGa 6/23) aus dem Vorjahr indiziert, dass die Anzahl der Tage, die im Home Office gearbeitet werden dürfen, zum „Ob“ zählen. Wenn der Arbeitgeber die Lage der zulässigen Tage des mobilen Arbeitens festlegen möchte, sei jedoch das „Wie“ betroffen, sodass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe. Diese Frage ist wie viele Einzelheiten zum – relativ jungen – Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG umstritten.

 

Nachträgliche Beschränkung mobiler Arbeit auf Home Office

Beim mobilen Arbeiten können Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung – anders als bei Home Office – an beliebigen anderen Orten (etwa in der Bahn, im Hotel, am Strand) erbringen. Hierzu zählt auch eine „Workation“ im Ausland. Mobiles Arbeiten birgt verschiedene rechtliche Herausforderungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, z.B. Daten- und Arbeitsschutz sowie sozialversicherungs- und steuerrechtliche Risiken. Deswegen möchten manche Arbeitgeber mobile Arbeit untersagen und lediglich Arbeit aus dem Home Office erlauben. Hierbei sind dieselben Punkte wie in puncto „Return to office“ zu beachten.

 

Praxishinweise

Vor der generellen Anordnung der Rückkehr aller Arbeitnehmer in den Betrieb sollten Arbeitgeber eruieren, welche Vereinbarungen und Regelungen diesbezüglich existieren. Insbesondere wenn Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge Bestimmungen zum mobilen Arbeiten enthalten, können diese den Arbeitgeber rechtlich erheblich einengen. Das gilt auch für eine nachträgliche Beschränkung von mobiler Arbeit auf Home Office. Was für den Arbeitsschutz im Home Office gilt und was es bei Gehaltsrückforderungen wegen nicht erbrachter Arbeitsleistung im Home Office zu beachtet werden muss, erfahren Sie ebenfalls auf unserem Blog.


1 Return to office; Dead on arrival.
2Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet; es werden jedoch ausdrücklich alle Geschlechteridentitäten erfasst.
3 Tarifvertrag der öffentlichen Banken, § 2 S. 91, zuletzt am 2. April 2024