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9. Mai 2021Lesedauer 5 Minuten

Glücksspielstaatsvertrag 2021

Neues Spiel, neues Glück

Am 1. Juli 2021 tritt der neue Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) in Kraft, der weitreichende Änderungen und Spielraum mit sich bringt. Alle 16 Bundesländer haben diesen mittlerweile fristgerecht ratifiziert. Darüber hinaus arbeitet der Gesetzgeber an einer Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG), um die Besteuerung der neuen Glücksspielregulierung anzupassen.

Wir fassen die wichtigsten Neuerungen für Anbieter, Werbemedien und für die am Zahlungsverkehr Beteiligten zusammen:

Wichtigste Neuregelungen für Glücksspielanbieter

Wesentliches Ziel der anstehenden Liberalisierung ist die Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs in überwachte Bahnen. Damit einhergehen neue Erlaubnismöglichkeiten für private (kostenpflichtige) Glücksspielangebote im Internet, namentlich für

  • Virtuelle Automatenspiele,
  • Online-Poker und
  • Online-Casinospiele.

Während virtuelle Automatenspiele und Online-Poker in allen Bundesländern und für eine unbegrenzte Anzahl von privaten Anbietern erlaubt werden können, ist hinsichtlich Online-Casinospielen eine begrenzte Wahlmöglichkeit vorgesehen. Die Bundesländer können Online-Casinospiele entweder im Staatsmonopol selbst anbieten oder eine bis maximal so viele Erlaubnisse pro Land erteilen, wie es im jeweiligen Land Spielbanken gibt. Noch hat bislang jedoch kein Land von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Erlaubnismöglichkeit von Online-Casinospielen auch für private Anbieter zu öffnen.

Darüber hinaus werden bestehende Erlaubnismöglichkeiten für Internetangebote privater Anbieter fortgeführt (Soziallotterien, gewerbliche Spielvermittlung) bzw. in ein dauerhaftes Erlaubnismodell überführt (Sportwetten).

Mit der Liberalisierung verbunden sind aber auch neue beschränkende Vorgaben für die Anbieter, wie z.B.:

  • Ein anbieter- und spielformübergreifendes Spielersperrsystem,
  • ein anbieterübergreifendes Einzahlungslimit und
  • eine zentrale Datei zur Verhinderung parallelen Spiels bei mehreren Anbietern im Internet sowie das Erfordernis der Anbindung an einen Safe-Server.

Unentgeltliche Angebote, insbesondere von virtuellen Automatenspielen sowie Online-Casinospielen, unterliegen zukünftig ebenfalls glücksspielrechtlicher Regulierung, u.a. muss ein Spielkonto eingerichtet werden.

Wichtigste Neuregelungen für die Werbung

Mit der Erweiterung der Erlaubnismöglichkeiten ist natürlich auch eine Erweiterung der Werbemöglichkeiten für die zugelassenen Angebote verbunden, zumal das bisherige Erfordernis einer zusätzlichen Glücksspiel-Werbeerlaubnis für Internet und TV künftig entfällt. Allerdings: Die Bewerbung ist nicht grenzenlos möglich. Auch der GlüStV 2021 enthält detaillierte Vorgaben für Art und Umfang der Werbung, die neben die Regelungen anderer Gesetze (wie z.B. Medien-, Wettbewerbs- und Jugendschutzrecht) treten. Dazu gehören u.a. (und nicht abschließend) folgende allgemeine und spielformspezifische Regelungen:

  • Werbung darf sich nicht an Minderjährige und vergleichbar Gefährdete (z.B. Spielsüchtige) richten;
  • Art und Umfang der Werbung darf den Zielen des § 1 GlüStV 2021 nicht zuwiderlaufen/nicht „übermäßig“ sein;
  • irreführende Werbung ist verboten, insbesondere über Gewinnchance oder Art/Höhe des Gewinns;
  • die Vermischung von Werbung und redaktionellem Inhalt ist untersagt (sog. Native-Advertising);
  • virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele: Keine Werbung zwischen 6 und 21 Uhr im Rundfunk und Internet;
  • Sportwetten: Keine Werbung unmittelbar vor oder während der Live-Übertragung von Sportereignissen auf dem übertragenen Kanal „für Sportwetten auf dieses Sportereignis“; keine Werbung für Sportwetten mit aktiven Sportlern/Funktionären;
  • Vergütung Internet-Werbung: Keine variable, insbesondere umsatz-, einzahlungs- oder einsatzabhängige Vergütung (Ausnahme: Werbung für Lotterien mit geringer Ereignisfrequenz); zulässig Affiliate-Links mit fixer Vergütung (z.B. pro Click oder pro Neukunde).

Zusätzlich werden weitere Detailregelungen zur Werbung künftig in den Erlaubnisbescheiden geregelt sein, dort in sog. Inhalts- und Nebenbestimmungen. Hier empfiehlt sich eine aktive Mitgestaltung schon im Lizenzverfahren und ggf. auch eine nachträgliche Überprüfung einzelner Bestimmungen vor den Verwaltungsgerichten.

Verstöße gegen einige der Werbevorgaben des GlüStV 2021 können mit einer Geldbuße bis zu 500.000 EUR geahndet werden.

Wichtigste Neuregelungen für die am Zahlungsverkehr Beteiligten

Das bestehende Mitwirkungsverbot am Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit unerlaubten Glücksspielen wird künftig erweitert. Und zwar für den Fall, dass ein Veranstalter oder Vermittler von öffentlichen Glücksspielen neben unerlaubtem Glücksspiel auch sonstige Leistungen anbietet und die Vermischung mit unerlaubtem Glücksspiel dazu führt, dass Zahlungsströme nicht eindeutig identifiziert werden können. Dann soll die Mitwirkung am gesamten in diesem Zusammenhang stehenden Zahlungsverkehr verboten sein. Dieses Mitwirkungsverbot kann durch die Gewährleistung einer (nach Angeboten) getrennten und unterscheidbaren Zahlungsabwicklung vermieden werden.

Es handelt sich insoweit um eine unmittelbare Verpflichtung der am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute. Nach der Gesetzesbegründung sollen auch E-Geld-Institute und Betreiber von Zahlungssystemen dazu zählen. Daneben bestehen Überwachungsbefugnisse der Glücksspielaufsichtsbehörde, zwar nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote, aber ohne, dass es einer vorherigen Inanspruchnahme des Veranstalters oder Vermittlers bedarf.

Neue Erlaubnis-/Aufsichtsbehörde und Übergangsregelungen

Als neue zentrale Erlaubnis- und Aufsichtsbehörde für länderübergreifende Glücksspielangebote im Internet wird die „Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder“ in Sachsen-Anhalt errichtet. Allerdings wird die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder nur schrittweise ihre neuen Funktionen aufnehmen, so dass bisherige Erlaubniszuständigkeiten bis zum 31. Dezember 2022 zunächst bestehen bleiben.

Für virtuelle Automatenspiele und Online-Poker wird übergangsweise das Landesverwaltungsamt Halle (Sachsen-Anhalt) als Erlaubnisbehörde tätig. Das Glücksspielkollegium dient in dieser Zeit weiterhin als 

Organ der jeweils zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde.

Auch im Übrigen sieht der Glücksspielstaatsvertrag zahlreiche Übergangsregelungen vor. Unter anderem werden zum 30. Juni 2021 bestehende Erlaubnisse per Gesetz um ein Jahr (bei Lotterien) bzw. um anderthalb Jahre (bei Sportwetten) verlängert.

Wichtigste steuerrechtliche Neuregelungen

Mit der Neuregelung des Rennwett- und Lotteriegesetzes wird auch die Besteuerung für Online-Glücksspiele neugefasst. Künftig wird die Steuer für Sportwetten, virtuelle Automatenspiele und Online-Poker einheitlich 5,3 % betragen. Die Bemessungsgrundlage ist jeweils der geleistete Wett- bzw. Spieleinsatz abzüglich der jeweiligen Steuer. Nicht vom Wett- bzw. Spieleinsatz umfasst sind Wett- bzw. Spielboni, die dem Spielenden zur Verfügung gestellt werden, aber nicht ausbezahlt, sondern nur verspielt werden können.

Auswirkungen für Rückzahlungsklagen

Der GlüStV 2021 und seine erweiterten Erlaubnisoptionen dürften auch (jedenfalls mittelbar) Auswirkungen auf das derzeit boomende Geschäftsmodell von sog. Spieleinsatz-Rückzahlungsklagen haben. Dies gilt insbesondere für Glückspielangebote, die bereits jetzt den Anforderungen des „Umlaufbeschlusses der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8. September 2020“ und den zugehörigen „Gemeinsamen Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden“ gerecht werden. Das wäre auch im Interesse des Staatsvertragsziels der Spielsuchtbekämpfung, dem das Motto eines risikolosen Spiels (entweder Gewinnmitnahme oder Rückzahlungsklage) entgegensteht. Bereits jetzt haben einige Landgerichte Rückzahlungsklagen deutscher Spieler gegen Anbieter von Online-Glückspiel mit ausländischer Lizenz einen Riegel vorgeschoben und entsprechende Klagen abgewiesen, u.a. wenn sich bei Spielteilnahmen über einen längeren Zeitraum lediglich das dem Spieler bekannte und dem Glückspiel immanente Risiko eines Verlustes verwirklicht hat.

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