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18. Juli 2025Lesedauer 4 Minuten

Eingeschränkter Insolvenzschutz bei der vertraglichen Übernahme von Versorgungszusagen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Az. 3 AZR 130/24) darüber zu entscheiden, ob der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) auch für solche Versorgungszusagen einstehen muss, die der insolvente Arbeitgeber innerhalb der letzten beiden Jahre vor Eintritt der Insolvenz von einem anderen Arbeitgeber vertraglich übernommen hatte. Der Dritte Senat entschied, dass auch für solche Zusagen nur die beschränkte Einstandspflicht des PSV nach Maßgabe von § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG gilt, mit der Folge, dass ein Anspruch auf Leistungen gegen den PSV nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung geltend gemacht werden kann.

 

HINTERGRUND

Im Falle der Insolvenz eines Arbeitgebers steht in Bezug auf Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung der PSV als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung ein. Diese Einstandspflicht gilt jedoch nicht uneingeschränkt. So besteht gemäß § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG ein Anspruch auf Leistungen gegen den PSV „bei Zusagen und Verbesserungen von Zusagen, die in den beiden letzten Jahren vor dem Eintritt des Sicherungsfalls [Insolvenz] erfolgt sind, (…) für im Rahmen von Übertragungen gegebene Zusagen” nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung. Im entschiedenen Fall galt zu klären, ob diese Einschränkung auch für vertraglich übernommene Versorgungszusagen gilt.

 

ZUGRUNDELIEGENDER SACHVERHALT

Dem Kläger war bei seinem ursprünglichen Arbeitgeber eine Versorgungszusage erteilt worden, die der neue Arbeitgeber nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG unverändert übernahm und fortführte. Es handelte sich nicht um eine Übertragung nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG (Übertragung des Werts der Versorgungsanwartschaft bei gleichzeitiger Erteilung einer Neuzusage). Wenige Monate nach der Übertragung – jedoch noch innerhalb der gesetzlich relevanten Zwei-Jahres-Frist – gerieten sowohl der ursprüngliche als auch der neue Arbeitgeber in die Insolvenz. Der verklagte PSV lehnte unter Berufung auf § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG eine vollumfängliche Einstandspflicht für die Versorgungsleistungen ab.

 

ENTSCHEIDUNG DES BAG ZUGUNSTEN DES PSV

Das BAG entschied, dass der PSV nicht für den gesamten Anspruch des Klägers einstehen muss, sondern nur beschränkt nach Maßgabe des § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG.

 

HAUPTARGUMENT: UMFASSENDER SCHUTZ DES PSV VOR MISSBRAUCHSRISIKEN

Das BAG begründete seine Entscheidung damit, dass die Begriffe der „Zusage” und ihrer „Verbesserung” in § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG zum Schutz des PSV und zur Vermeidung von Missbrauch weit zu verstehen sind. Unter Zusagen und Verbesserungen von Zusagen iSd. § 7 Abs 5 Satz 3 BetrAVG sind alle Änderungen zu verstehen, die den Begünstigten im Vergleich zu der bis dahin geltenden Zusage mit Wirkung für den Insolvenzschutz besserstellen. Hierzu zählen erstmalige Zusagen, deren Verbesserungen, aber auch vertragliche Schuldnerwechsel. Daher fallen auch vertragliche Arbeitgeberwechsel mit der Übernahme der Altersversorgungsverpflichtung durch den neuen Arbeitgeber iSd. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG in den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG.

 

WEITERE ARGUMENTE: GESETZGEBERISCHER WILLE UND SINN UND ZWECK DER NORM

Das BAG führt weiter aus, dass auch der Gesetzgeber in Fällen der Übernahme iSv. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG von einer Anwendbarkeit des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG ausgeht, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergebe (BT-Drs. 15/2150 S. 54). Zudem rechtfertige auch der Sinn und Zweck des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG das festgestellte Ergebnis, wonach § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG der Kalkulierbarkeit des Insolvenzrisikos infolge Schuldnerwechsels für den PSV diene.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung des BAG stärkt die Position des PSV, indem sie die gesetzliche Einschränkung des Insolvenzschutzes bei vertraglich übernommenen Versorgungszusagen bestätigt. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass selbst langjährig erworbene Anwartschaften unter bestimmten Umständen im Insolvenzfall nicht vollständig abgesichert sind. Es kann daher ratsam sein, in derartigen Fällen eine zusätzliche private Insolvenzsicherung in Betracht zu ziehen, um etwaige Versorgungslücken im Alter zu vermeiden.