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7. Juli 2025Lesedauer 3 Minuten

Treuwidrigkeit einer Probezeitkündigung bei Übernahmezusage

Innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses haben Arbeitgeber grundsätzlich mehr unternehmerische Freiheit bei Personalentscheidungen. Innerhalb dieses Zeitraums muss sich eine Kündigung grundsätzlich nicht an den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) messen lassen. Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf vom 14. Januar 2025 (Az. 3 SLa 317/24) macht jedoch deutlich, dass dieser Spielraum gleichwohl nicht grenzenlos ist.

 

Sachverhalt

Der Kläger war seit dem 15. Juni 2023 als Wirtschaftsjurist bei der Beklagten beschäftigt. Die Parteien hatten eine sechsmonatige Probezeit vereinbart. Am 17. November 2023 – also fünf Wochen vor dem Ablauf dieser Probezeit – erklärte der Vorgesetzte des Klägers, zugleich Prokurist und personalverantwortliche Führungskraft, dass er über seinen Workflow eine Anfrage von der Personalabteilung erhalten hatte, ob der Kläger mit Blick auf die Probezeit übernommen werden solle. Unstreitig teilte er dem Kläger sodann mit: „Das tun wir natürlich.“ Nur wenige Wochen später, am 11. Dezember 2023 und damit innerhalb der Probe- und Wartezeit, erhielt der Kläger jedoch eine ordentliche Kündigung – unterzeichnet von seinem Vorgesetzten.

 

Entscheidung des LAG Düsseldorf

Anders als das Arbeitsgericht zuvor, erklärte das LAG die Kündigung für treuwidrig und nichtig. Indem der Vorgesetzte dem Kläger im sechsten Monat seiner Probezeit mitteilte, dass die Beklagte ihn natürlich übernehmen werde, habe er ein berechtigtes Vertrauen geschaffen. Die Aussage habe dem Kläger verdeutlicht, dass er die Probezeit bestanden habe und nicht mit einer Kündigung rechnen müsse. Insbesondere aufgrund von Position und Entscheidungskompetenzen des Vorgesetzen habe der Kläger hierauf berechtigt vertrauen dürfen. Der Kläger habe gewusst, dass sein Vorgesetzter über eine mögliche Kündigung des Klägers entscheiden würde. Auch habe die Beklagte nicht hinreichend zu etwaigen Vorfällen nach der Äußerung des Vorgesetzten im Gespräch am 17. November 2023 vorgetragen, die einen Meinungsumschwung in Bezug auf den Kläger sachlich nachvollziehbar und damit nicht als willkürlich hätten erscheinen lassen können.

Das LAG konnte letztlich offen lassen, ob der Kläger und sein Vorgesetzter als Folge ihres Gesprächs sowohl Probe- als auch Wartezeit nach dem KSchG einvernehmlich wirksam abgekürzt hatten.

 

Rechtlicher Hintergrund

Außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG findet der verfassungsrechtlich verankerte Schutz von Arbeitnehmern über Generalklauseln Einzug ins Arbeitsverhältnis. Die Grundsätze von Treu und Glauben schützen Arbeitnehmer insbesondere vor sitten- und treuwidrigen Kündigungen. Dieses Schutzniveau steht allerdings hinter dem des KSchG zurück, welches grundsätzlich erst nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit Anwendung findet. Während dieser Zeit ist nach den Arbeitsgerichten insbesondere das Interesse des Arbeitgebers zu berücksichtigen, in seinem Unternehmen nur Mitarbeitende zu beschäftigen, die seinen Vorstellungen entsprechen.

Soweit das Kündigungsschutzgesetz die Gründe einer Kündigung bereits abschließend regelt, ist für einen Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben mithin kein Raum. Anerkannte Anwendungsfälle treuwidriger Kündigungen sind insbesondere ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers, der Ausspruch der Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form sowie eine diskriminierende Kündigung. Nicht jedes widersprüchliche Verhalten begründet allerdings den Vorwurf der Treuwidrigkeit. Missbräuchlich ist es regelmäßig erst, wenn ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde oder besondere Umstände die Kündigung als unzulässig erscheinen lassen.

 

Praxishinweis

Auch während der Wartezeit können Grenzen des Kündigungsschutzes außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten sein. Wer verbindlich kommuniziert, schafft Erwartungen. Entscheidend ist nicht nur, was gesagt wird, sondern wer spricht. Arbeitgeber sind gut beraten, interne Personalentscheidungen nicht voreilig nach außen zu tragen, um die unternehmerische Freiheit während Probe- und Wartezeit zu wahren. Insbesondere sollten Bekenntnisse zur Weiterbeschäftigung mit Bedacht getroffen werden.