
4. August 2025 • Lesedauer 3 Minuten
Rückwirkende Genehmigung eines auf einem Ladungsfehler beruhendem Betriebsratsbeschlusses
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 25. September 2024 (Az. 7 ABR 37/23) entschieden, dass der Betriebsrat eine Freistellung von für die Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Rechte erforderlichen Anwaltskosten vom Arbeitgeber auch dann verlangen kann, wenn er der zunächst auf einem unwirksamen Beschluss beruhenden Beauftragung des Anwalts durch einen späteren ordnungsgemäß gefassten Beschluss nachträglich zustimmt.
Sachverhalt
Die Arbeitgeberin stellte ohne vorherige Beteiligung des Betriebsrats eine Beschäftigte in der Position als leitende Angestellte im Bereich HR ein. Diesbezüglich beschloss der Betriebsrat im November 2020, zur Aufhebung der personellen Maßnahme ein Verfahren nach § 101 S. 1 BetrVG einzuleiten sowie seine Rechtsanwälte mit der Durchführung zu beauftragen. Die Wirksamkeit dieser Beschlüsse wurde seitens der Arbeitgeberin unter Verweis auf einen Verstoß gegen Vorschriften zur Ladung aller Betriebsratsmitglieder sowie zur Heranziehung von Ersatzmitgliedern in Abrede gestellt.
Die vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwälte leiteten nach erfolgloser Aufforderung, die personelle Maßnahme aufzuheben, ein Beschlussverfahren nach § 101 S. 1 BetrVG ein. Die Arbeitgeberin kündigte das streitgegenständliche Arbeitsverhältnis, woraufhin das Beschlussverfahren eingestellt wurde.
Die Arbeitgeberin zahlte trotz Mahnungen die fälligen Honorarkosten der vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwälte nicht. Daraufhin beschloss der Betriebsrat in einer Sitzung im Januar 2022 die Einleitung des vorliegenden Verfahrens, eine entsprechende Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten sowie die Bestätigung des Beauftragungsbeschlusses von November 2020. Nach Neuwahlen des Betriebsrates im Frühjahr 2022 fasste der Betriebsrat im Juli 2022 unter Wiederholung der Beschlussvorlage von November 2020 einen Beschluss, dass die Tätigkeiten der Verfahrensbevollmächtigten ausdrücklich genehmigt werden. Die Arbeitgeberin bestritt auch die Wirksamkeit der Beschlüsse aus dem Jahr 2022.
Der Betriebsrat begehrte sodann die Freistellung von den Rechtsanwaltskosten. Das Arbeitsgericht wies diese Anträge ab. Das Landesarbeitsgericht gab ihnen statt.
Entscheidung des BAG
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin blieb vor dem BAG erfolglos. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 40 Abs. 1 BetrVG umfasse grundsätzlich auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung der Betriebsrat zur Durchsetzung oder Ausübung eines von ihm in Anspruch genommenen Mitbestimmungsrechts für erforderlich halten durfte. Erforderlich sei jedoch, dass der Beauftragung ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss zu Grunde liegt.
Ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss setze wiederum voraus, dass keine Verstöße gegen wesentliche Verfahrensvorschriften vorliegen. Als wesentlich seien insbesondere die Vorschriften über die Ladung aller Betriebsratsmitglieder nach § 29 BetrVG sowie die Heranziehung von Ersatzmitgliedern in der von § 25 Abs. 2 BetrVG vorgesehenen Reihenfolge anzusehen. Das gilt auch in dem Fall, dass die Rechtslage zum Nachrücken von Ersatzmitgliedern kompliziert ist. Danach sei der Beschluss des Betriebsrats vom November 2020 als unwirksam anzusehen.
Allerdings sei grundsätzlich eine rückwirkende Genehmigung durch einen späteren ordnungsgemäß gefassten Betriebsratsbeschluss möglich (vgl. § 184 Abs. 1 BGB). Insbesondere stelle auch die Beendigung des ursprünglich geführten Beschlussverfahrens bezüglich der Personalmaßnahme keine wesentliche Zäsur dar, da dieses Verfahren ohne Abweisung der Anträge des Betriebsrats als unzulässig eingestellt wurde.
Das BAG stellt jedoch klar, dass eine nachträgliche Genehmigung eines auf der Grundlage eines unwirksamen Betriebsratsbeschlusses geschlossenen Rechtsgeschäfts nicht in jedem Fall zulässig sei. Ausgeschlossen sei eine solche bei fristgebundenen Rechtsgeschäften. Entscheidend sei insofern insbesondere, ob der Betriebsrat nach pflichtgemäßer Würdigung vor der Verursachung von Kosten für den Arbeitgeber über die Erforderlichkeit einer Maßnahme zu entscheiden habe – ein Beschluss über die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds auf eine Schulung könne aus diesem Grund nicht geheilt werden.
Praxishinweis
Grundsätzlich gilt, dass die Unwirksamkeit von Betriebsratsbeschlüssen auch den Arbeitgeber beeinträchtigen kann, etwa im Falle einer Zustimmung im Rahmen von § 103 BetrVG. Somit ist insbesondere die Ansicht des BAG, dass Ladungsfehler auch bei rechtlichen komplizierten Sachverhalten beachtlich sind, auch für Arbeitgeber relevant. Auf Landesarbeitsgerichtlicher Ebene (vgl. z.B. LAG Nürnberg Beschluss vom 27. Februar 2024 – 1 TaBV 25/23) wurde dies zuvor noch anders gesehen.


