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26. August 2025Lesedauer 2 Minuten

Tarifvertragliche Zeitgutschrift für Umkleidezeiten auch bei Krankheit oder Urlaub

Bisweilen sehen Tarifverträge eine Zeitgutschrift für das An- und Ablegen von Schutzkleidung vor. Mit Urteil vom 14. Mai 2025 (Az. 5 AZR 215/24) entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass nach einer solchen Regelung sowohl bei Krankheit als auch Urlaub grundsätzlich die Pflicht besteht, die tatsächlich nicht geleisteten Umkleidezeiten zu vergüten.

 

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer, der als Rettungssanitäter tätig ist, klagte gegen seinen Arbeitgeber auf Gutschrift tariflich vorgesehener Umkleidezeiten in Bezug auf Zeiten krankheits- sowie urlaubsbedingter Abwesenheit. Nach dem geltenden Manteltarifvertrag erhalten Mitarbeiter im Rettungsdienst für das An- und Ablegen der Schutzkleidung eine pauschale Zeitgutschrift von 12 Minuten pro Schicht auf ein Arbeitszeitkonto. Diese Gutschrift wurde vom Arbeitgeber jedoch nur bei tatsächlicher erbrachter Arbeitsleistung gewährt.

Der Kläger argumentierte, dass das Umkleiden eine vergütungspflichtige Arbeitsleistung darstelle und daher auch bei solchen Abwesenheiten zu berücksichtigen sei, die tariflich der Arbeit gleichgestellt sind. Er forderte eine Gutschrift von mehreren Stunden auf sein Arbeitszeitkonto.

 

Entscheidung

Das BAG wies die Revision der Beklagten zurück und bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, in welcher dem Kläger die beantragte Zeitgutschrift zugesprochen worden war.

Zunächst setzte sich das Gericht mit den Voraussetzungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auseinander. Hier stützt sich das BAG auf das modifizierte Entgeltausfallprinzip, wonach Arbeitnehmer im Krankheitsfall die Vergütung erhalten müssen, die sie bei tatsächlicher Arbeitsleistung erhalten hätten. Da Zeitgutschriften auf dem Arbeitszeitkonto eine Form von Arbeitsentgelt darstellten, seien sie nach Begründung des Gerichts auch bei Krankheit zu gewähren. Das Umkleiden sei unstreitig für die Tätigkeit als Rettungssanitäter unbedingt erforderlich und ausschließlich fremdnützig. Es stelle mithin vergütungspflichtige Arbeit dar, in Bezug auf welche die tarifvertragliche Regelung zur pauschalen Gutschrift Anwendung finde. Die Gutschrift stelle selbst nur eine andere Form von Arbeitsentgelt dar, für welche der Tarifvertrag keine abweichende Regelung zur Bemessung des fortzuzahlenden Entgelts im Krankheitsfall enthalte.

Auch für den Urlaub war die Zeitgutschrift nach der Entscheidung des BAG zu berücksichtigen. Nach dem Tarifvertrag waren als Urlaubsvergütung die stetigen Vergütungsbestandteile zu zahlen, wozu nach der Begründung des Gerichts auch die Gutschrift für die Umkleidearbeit zähle. Zur Berücksichtigung der Zeitgutschrift zwinge aus Sicht des Gerichts zudem, dass das Urlaubsentgelt aufgrund von unionsrechtlichen Vorgaben wertgleich mit dem regulären Arbeitsentgelt sein müsse.

 

Praxishinweis

Bereits bei der Erarbeitung eines Tarifvertrages sollten hinsichtlich der Gewährung spezieller Entgeltbestandteile auch krankheits- und urlaubsbedingte Abwesenheiten bedacht werden. Während eine abweichende Regelung für Urlaubstage unter Berücksichtigung des Unionsrechts kaum möglich sein dürfte, sind Sonderregelungen für krankheitsbedingte Ausfälle zumindest denkbar.

Arbeitgeber sollten stets prüfen, ob Umkleidezeiten im Einzelfall vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellen. Arbeitsvertraglich bestehen oftmals vielseitige Gestaltungsmöglichkeiten, soweit tarifvertraglich keine für Arbeitnehmer günstigeren Regelungen gelten.