Abstract architecture DC_PPT-2560x975-1002367

12. Februar 2025Lesedauer 3 Minuten

Urlaubsabgeltung und -kürzung während Mutterschutz und Elternzeit

Sowohl während des Mutterschutzes als auch während der Elternzeit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub. Während der Elternzeit hat der Arbeitgeber jedoch das Recht, den Urlaubsumfang zu kürzen. Mit der Frage, wann er eine solche Kürzung vornehmen muss, sowie mit dem Verfall und der finanziellen Abgeltung nicht genommenen Urlaubs hat sich jüngst das Bundesarbeitsgericht (BAG) befasst (Urteil vom 16. April 2024 – 9 AZR 165/23).

 

Sachverhalt

Die klagende Arbeitnehmerin befand sich im Mutterschutz, gefolgt von einer mehrjährigen Elternzeit. Nach der Elternzeit kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Arbeitgeberin nicht erklärt, den während der Elternzeit entstandenen Urlaub zu kürzen. Die Arbeitnehmerin forderte die Abgeltung der Urlaubstage, die während ihrer Mutterschutz- und Elternzeit entstanden waren, und machte diese Ansprüche klageweise geltend.

 

Entscheidung des BAG

Das BAG entschied zugunsten der Arbeitnehmerin und bestätigte die vorinstanzliche Verurteilung der Arbeitgeberin zur Zahlung von Urlaubsabgeltung. Es stellte zunächst klar, dass Urlaubsansprüche während des Mutterschutzes und der Elternzeit nicht verfallen oder verjähren können. Dies gelte auch bei mehreren aufeinanderfolgenden Mutterschutzfristen und Elternzeiten.

Zwar stehe es dem Arbeitgeber frei den Urlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)). Der Arbeitgeber müsse die Kürzung jedoch noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses erklären. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne die Kürzung nicht mehr vorgenommen werden, da sich der Urlaubsanspruch dann in einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch auf Urlaubsabgeltung umwandle, der wiederum nicht der Kürzung unterliege. Das Gericht stellte in diesem Zusammenhang klar, dass es die Surrogationstheorie, wonach die Urlaubsabgeltung ein Surrogat des Urlaubsanspruches darstellt und als solches der Kürzungsmöglichkeit unterliegt, vollständig aufgegeben habe.

Darüber hinaus entschied das BAG, dass bei der Ermittlung der Höhe des Abgeltungsanspruchs, der sich nach dem gewöhnlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers richtet, die (verdienstlosen) Zeiträume der Elternzeit nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind. Bei der Elternzeit handele es sich um eine unverschuldete Arbeitsversäumnis, die vom Gesetzgeber ausdrücklich erwünscht sei und sich daher nicht zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken dürfe.

 

Praxishinweis

Mit seinem Urteil bekräftigt das BAG den besonderen Schutz der Mutterschutz- und Elternzeit. Das Gericht stellt klar, dass Urlaubsansprüche auch während der Mutterschutzfristen und der Elternzeit entstehen, in dieser Zeit weder verfallen noch verjähren können und auch bei der Berechnung der zu zahlenden Urlaubsabgeltung unberücksichtigt bleiben. Dies kann für den Arbeitgeber erhebliche finanzielle Auswirkungen haben.

Arbeitgeber sind daher gehalten, eine etwaige Kürzung des Urlaubsanspruchs noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses rechtzeitig gegenüber den Arbeitnehmern zu erklären. Dies ist bereits ab dem Zeitpunkt möglich, zu dem der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin Elternzeit verlangt, spätestens aber vor Ablauf der Kündigungsfrist. Aus Beweisgründen sollte die Kürzungserklärung unbedingt ausdrücklich erfolgen und dokumentiert werden. Darüber hinaus sollten Arbeitgeber ihre internen Abläufe dahingehend ergänzen, dass vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses stets geprüft wird, ob noch eine Kürzungserklärung abzugeben ist.