
3. Juni 2025 • Lesedauer 3 Minuten
Kein zwingender Erwerb von Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung während arbeitsfreier Elternzeit
Mit Urteil vom 6. Mai 2025 (Az. 3 AZR 65/24) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) zur Anrechnung von Erziehungs- bzw. Elternzeit bei Betriebsrenten Stellung genommen.
Zugrundeliegender Sachverhalt
Hintergrund des vorliegenden Sachverhalts ist die Privatisierung der ehemaligen Bundespost in den 1990er Jahren. Im Zuge dieser Privatisierung regelte ein neuer Tarifvertrag, dass eine besondere Besitzstandskomponente dem Arbeitnehmer nur zugesagt wurde, sofern er zu einem Stichtag eine Wartezeit von mindestens fünf Jahren erfüllt hatte. Als anrechenbare Wartezeit galten nur Kalendermonate, in welchen der Arbeitnehmer eine Vergütung erhalten hatte. Zeiten ohne Vergütung, wie Erziehungszeiten (heute Elternzeit), waren auf die Wartezeit nicht anrechenbar.
Die Klägerin hatte die erforderliche Wartezeit zum Stichtag nicht erfüllt, da sie sich zwischen 1992 und 1996 in Erziehungszeit befunden hatte. Gegen diese Nichtberücksichtigung der Erziehungszeit setzte sich die Klägerin in allen arbeitsrechtlichen Instanzen zur Wehr – letztlich aber ohne Erfolg.
Entscheidungen
Das Landesarbeitsgericht (LAG) München hatte in seiner vorinstanzlichen Urteilsbegründung (7 Sa 206/23) auf das Fehlen tatsächlicher Arbeitsleistung als entscheidendes rechtfertigendes Merkmal verwiesen. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG und des Europäischen Gerichtshof rechtfertigt das Ruhen des Arbeitsverhältnisses im Erziehungsurlaub eine Anspruchsminderung. Der Unterschied zwischen einem ruhenden und einem nicht ruhenden Arbeitsverhältnis sei so gewichtig, dass eine unterschiedliche Behandlung nicht nur beim eigentlichen Arbeitsentgelt, sondern auch bei der Gewährung zusätzlicher Leistungen gerechtfertigt sei.
Das LAG hatte dabei auch auf eine Entscheidung des BAG aus dem Jahr 1994 (3 AZR 708/93) Bezug genommen. Hier durfte der Arbeitgeber die Höhe seiner Zuwendungen davon abhängig machen, dass der Arbeitnehmer ihm die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung erbrachte - also tatsächlich arbeitete. Auch eine Entscheidung des BAG zur Differenzierung zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten (3 AZR 370/08) zog das LAG heran, in der ebenfalls an die Erbringung tatsächlicher Arbeitsleitung als zulässiges Differenzierungsmerkmal angeknüpft wurde. Denn würden Zeiten des Erziehungsurlaubs in vollem Umfang für die betriebliche Altersversorgung leistungssteigernd berücksichtigt, wären solche Arbeitnehmer gleichheitswidrig benachteiligt, die zwar nur Teilzeitarbeit leisten, diese aber tatsächlich erbringen.
Die Klägerin vertrat letztinstanzlich weiterhin die Ansicht, dass die unterbliebene Berücksichtigung von Erziehungszeit eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechtes darstelle, da hauptsächlich Frauen die Erziehungszeit in Anspruch nähmen. Dem folgte das BAG nicht: Eine mögliche mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts sei jedenfalls gerechtfertigt. Bei der betrieblichen Altersversorgung sei es, jedenfalls bei umlagebasierten Systemen, die an vergütungspflichtige Zeiten anknüpfen, zulässig, Monate ohne Entgelt und damit auch Erziehungszeiten, von der Berücksichtigung auszunehmen. Das gelte auch bei einem Systemwechsel, wenn – wie vorliegend der Fall – die vorher erdienten Zeiten weiterhin Berücksichtigung finden.
Praxishinweis
Das BAG schafft Klarheit in Fällen der Anrechnung von Erziehungs- bzw. Elternzeit bei Betriebsrenten. Es besteht keine Verpflichtung für den Arbeitgeber, arbeitsfreie Elternzeiten bei der Erteilung von Versorgungszusagen besonders zu berücksichtigen. Gleichwohl steht es Arbeitgebern frei, Elternzeiten auch beim Aufbau betrieblicher Altersversorgung zu berücksichtigen und dies in Betriebs- oder Tarifvereinbarungen entsprechend zu regeln. Dieser freiwillige Ansatz könnte auch als Verhandlungsposition genutzt werden.








